Russische Präsidentschaftswahl Putin bringt sich in Stellung

Bei dem Parteitag der Staatspartei Geeintes Russland sprach Ministerpräsident Putin vor den Deligierten über die Probleme, die auf sein Land zukommen. Es wird erwartet, dass er seine Kandidatur für die Präsidentenwahl bekannt gibt. Das Nachsehen könnte Amtsinhaber Medewedew haben.

Zehn Wochen vor der Parlamentswahl in Russland hat Regierungschef Wladimir Putin seine Staatspartei Geeintes Russland bei einem Mega-Parteitag auf unpopuläre Schritte eingeschworen. "Manchmal muss der Staat den Bürgern nicht süßen Honig in den Tee gießen, sondern ein bitteres Medikament", sagte Putin am Freitag zum Auftakt des zweitägigen Treffens in Moskau. Auch Russland werde die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise spüren. Mit Spannung wird erwartet, ob der Ex-Kremlchef an diesem Samstag vor 10.000 Delegierten seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl im März 2012 bekanntgibt. Auch Amtsinhaber Dmitri Medwedew wird erwartet.

Unter dem imposanten Glasdach des aufwendig renovierten alten Handelszentrums Gostiny Dwor nahe dem Roten Platz setzte sich Geeintes Russland zu Beginn des Parteitags in Szene. "Heute gibt es keine andere Partei, die uns ersetzen kann, ohne dass es zu verheerenden Auswirkungen für das Land kommt", sagte der Parlamentsvorsitzende Boris Gryslow bei der live im Staatsfernsehen übertragenen Veranstaltung. Parteichef Putin, der formell kein Mitglied von Geeintes Russland ist, gab sich ungewöhnlich gemäßigt.

Zu Beginn der heißen Wahlkampfphase versprach Putin steigende Löhne. "Der Durchschnittsverdienst ist krisenbedingt landesweit auf 19.000 Rubel (rund 440 Euro) gesunken, doch wir werden ihn wieder anheben." Allerdings dürfe "das Wachstumstempo der Gehälter das Wachstumstempo der Arbeitsproduktivität" nicht übertreffen. Er kündigte zudem ein umgerechnet 39,5 Milliarden Euro teures Programm an, um Familien zu fördern und die Lebenszeit zu erhöhen.

Lob an Menschrechtler, Unterstützung unabhängiger Medien

Der Ex-Kremlchef forderte Unterstützung für Menschenrechtler, "die mich häufig kritisieren". "Sie achten auf Probleme, um die sich im Alltagsleben nicht alle sorgen". Zugleich versprach er unabhängigen Medien Hilfe. Möglich sei etwa, die "wahrhaft unabhängige" Presse über Nichtregierungsorganisationen zu finanzieren. In Russland gelten Medien als stark eingeschränkt. Während Putins Appell für mehr Meinungsfreiheit wurde bei nicht genehmigten Protesten vor dem Tagungsgebäude der Oppositionelle Sergej Udalzow festgenommen.

Unter den rund 1300 Delegierten aus allen Landesteilen herrsche Einigkeit, dass der Regierungschef als Spitzenkandidat in die Duma-Wahl am 4. Dezember 2011 ziehen solle, sagte ein namentlich nicht genannter Funktionär der Agentur Interfax. Putin werde vermutlich beim Parteitagsfinale an diesem Samstag nominiert. Experten gehen davon aus, dass der 58-Jährige nach zwei Amtszeiten als Präsident (2000-2008) zudem erneut in den Kreml streben könnte.

Derzeit hält Geeintes Russland 315 der 450 Sitze in der Duma. Fast unbeachtet von den Staatsmedien eröffneten auch die Oppositionskräfte Kommunistische Partei und Gerechtes Russland ihre Parteikongresse.

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ono/DPA