Das Ende des "Raucherparadieses Spanien" ist besiegelt. Wo bis vor kurzem Qualmverbote laxer gehandhabt wurden als in anderen europäischen Ländern, herrscht vom 1. Januar an ein strenges Reglement. Spanien machte eine Kehrtwende um 180 Grad und erließ ein Anti-Raucher-Gesetz, das weitaus restriktiver ist als die Vorschriften in Deutschland oder Frankreich. Nur in Irland oder den skandinavischen Ländern, wo praktisch nur daheim oder im Freien gequalmt werden darf, gelten noch strengere Regeln.
Spanien hatte den Kampf gegen den blauen Dunst später begonnen als die meisten anderen EU-Staaten. Dies brachte dem Land Bezeichnungen wie das "Raucherabteil Europas" ein. Damit ist es nun vorbei. Das neue Gesetz untersagt das Rauchen generell bei der Arbeit. In Büros und Firmengebäuden dürfen auch keine getrennten Raucherzimmer eingerichtet werden. Wer sich bei der Arbeit eine Zigarette anstecken möchte, muss nach draußen auf die Straße gehen. Nach einer italienischen Studie hat dies zur Folge, dass die Produktivität der Raucher um zehn Prozent sinkt, weil Arbeitszeit verloren geht.
Jeder Dritte raucht, doch die Mehrheit befürwortet das Anti-Tabak-Gesetz
Die Mehrheit der Spanier befürwortet die harsche Regelung, obwohl jeder Dritte regelmäßig zum Glimmstängel greift. Allerdings musste Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero - neben Agrarministerin Elena Espinosa der einzige Raucher im Kabinett - heftige Kritik einstecken. "Die Raucher werden verfolgt und marginalisiert", klagte die Zeitung "El Mundo". "Das ist ein Akt der Intoleranz." Das Nachrichtenmagazin "Tiempo" warnte vor "Zuständen wie in einer Militärdiktatur".
Der heftigste Widerstand kommt aus dem Gaststättengewerbe. In Kneipen und Restaurants darf nämlich nur noch in abgetrennten Rauchersälen gequalmt werden. "Das ist die reine Hölle", beschwert sich der Madrider Gastwirt Ignacio Gil. Der Umbau seines Lokals koste ihn 14.000 Euro. Der Hotel- und Gaststättenverband beziffert die Gesamtkosten für die 150.000 Lokale im Land auf 2,2 Milliarden Euro.
Der Präsident des Anti-Tabak-Verbandes, Rodrigo Cordoba, wendet ein, dass in Norwegen das Rauchverbot den Lokalen keine Verluste eingebracht habe. Die Gegenseite hält dagegen, Spanien sei mit dem nordeuropäischen Land kaum vergleichbar. Sie verweist auf ein Lied des Musikers Joaquin Sabina, in dem es heißt: "Allein (der Madrider Altstadtbezirk) Anton Martin hat mehr Kneipen als ganz Norwegen."
Die zahllosen Bars und Eckkneipen in Spanien, die kleiner als 100 Quadratmeter sind, werden von der Pflicht zur Einrichtung von Raucherzimmern befreit. Dort müssen die Besitzer entscheiden, ob ihre Gaststätten künftig Raucher- oder Nichtraucherlokale sein werden. Dies führt zu der bizarren Situation, dass in Raucherkneipen die Gäste qualmen dürfen, aber nicht die Wirte. Denn für Letztere gilt das Rauchverbot am Arbeitsplatz. Das Gesetz sieht zudem ein Verbot der Zigarettenwerbung vor. Für Autorennen der Formel1 gilt auf Grund laufender Sponsorenverträge eine Übergangsfrist von drei Jahren.
Spanien produziert im Jahr 42.000 Tonnen Tabak. Davon leben 20.000 Bauernfamilien. In kaum einem anderen EU-Land sind die Zigaretten so billig wie in Spanien. Die meisten Marken sind für weniger als 2,50 Euro pro Schachtel zu haben. 2007 droht den spanischen Rauchern ein neuer Schock. Dann soll das Niveau der Tabaksteuern auf EU-Niveau angehoben werden.