Der regierungskritische chinesische Künstler Ai Weiwei hat im Streit um Steuernachzahlungen einen Sicherungsbetrag gezahlt. Nach anfänglichen bürokratischen Hürden am Vortag konnte der 54-Jährige am Dienstag schließlich 8,45 Millionen Yuan, umgerechnet 790 000 Euro, auf ein Konto des Pekinger Finanzamtes einzahlen, wie der Künstler der Nachrichtenagentur dpa berichtete. Die Zahlung ist eine Voraussetzung dafür, Einspruch einlegen zu können. Zu den Aussichten sagte Ai Weiwei: "Wir haben nicht allzu große Hoffnungen." Der Künstler sieht die Forderung als politisch motiviert an.
Insgesamt fordert das Steueramt mehr als 15 Millionen Yuan, umgerechnet 1,7 Millionen Euro, an Steuern und Strafzahlung. Der Vorwurf der Steuerhinterziehung betrifft die Firma Fake Cultural Development, die von Ai gegründet wurde, die aber seiner Frau gehört.
Nach Ais 81-tägiger Haft im Frühjahr sieht der Kritiker in der Millionenforderung nur einen weiteren Versuch der Behörden, ihn zum Schweigen zu bringen. Das eingezahlte Geld stammt von rund 30 000 Unterstützern, die ihm helfen wollen, den Strafbefehl zu zahlen. Der Künstler will ihnen das Geld allerdings zurückzahlen, weil er sonst auch noch wegen illegalen Spendensammelns belangt werden könnte.
Ai kritisiert mangelnde Rechtsstaatlichkeit in China
Ai hatte der Nachrichtenagentur AFP zuvor gesagt, die Steuerbehörde habe mit der Übergabe seines Falls an die Polizei gedroht, sollte er seine angebliche Steuerschuld nicht fristgerecht bis Mittwoch begleichen. Am Montag hatten die chinesischen Behörden nach Angaben von Ais Anwalt Pu Zhiqiang noch erklärt, der Künstler dürfe von Anhängern gespendetes Geld in dem Verfahren nicht zur Begleichung möglicher Schulden oder für Garantiezahlungen einsetzen.
"Von Anfang an war das ganze Verfahren mit Problemen behaftet", sagte Ai Weiwei zu der Forderung des Finanzamtes. "Ich bin sicher, dass so etwas nicht nur mir, sondern auch anderen passiert ist und auch in Zukunft wieder vorkommen wird." Als nächsten Schritt werde er die Forderung anfechten. "Wenn das Steueramt will, dass ich den Prozess durchlaufe, dann mache ich das für sie", sagte Ai Weiwei. "Und wenn die Behörden selbst nicht bereit sind, das Verfahren richtig abzuwickeln, was können wir dann machen?"
Was als nächstes komme, sei schwer vorherzusagen, sagte der Künstler. "Die Unsicherheit ist doch, dass niemand sagen kann, was als nächstes passiert." Ai Weiwei übte Kritik an mangelnder Rechtsstaatlichkeit in China. "Ein Bürger in einem Staat sollte vom Recht geschützt werden", sagte Ai Weiwei. "Er sollte keine Furcht haben. Aber wenn Bürger einfach "verschwinden", ihre Familien keine Ahnung haben, ob sie heute nach Hause kommen, dann sind schon alle Grenzen überschritten worden."
Ai Weiwei ist einer der bekanntesten Kritiker der Führung in Peking. Im offenen Clinch mit der Staatsmacht liegt der Künstler, seit er nach dem Erdbeben 2008 in der Provinz Sichuan eine unabhängige Untersuchung der Gründe für den Einsturz zahlreicher Schulen gefordert hatte.