Als Joe Biden vor zwei Tagen seine Hand auf die mehr als 120 Jahre alte Bibel seiner Familie legte und den Amtseid des US-Präsidenten ablegte, wusste er genau, was auf ihn zu kommt: "Wir haben in diesem Winter voller Gefahren und bedeutender Möglichkeiten viel zu tun. Viel zu reparieren, viel zu restaurieren, viel zu heilen, viel aufzubauen und viel zu gewinnen", verkündete der 78-Jährige in seiner Antrittsrede. "Nur wenige Menschen in der Geschichte unserer Nation wurden mehr herausgefordert oder fanden eine Zeit herausfordernder oder schwieriger als die Zeit, in der wir jetzt sind."
Joe Biden in einem verwüsteten Oval Office
Auch das Nachrichtenmagazin "Time" hat sich mit den Herausforderungen beschäftigt, die vor dem 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten liegen. Die Titelseite der neuen Ausgabe der Wochenzeitschrift zeigt metaphorisch, welches Chaos Donald Trump seinem Nachfolger hinterlassen hat.
Biden steht auf der Illustration des US-Künstlers und langjährigen "Time"-Mitarbeiters Tim O'Brien in einem Oval Office, das von seinem vorherigen Bewohner gründlich verwüstet wurde. In dem weltberühmten offiziellen Arbeitszimmer des US-Präsidenten stapeln sich überall vernachlässigte Akten und Papiere. Ein weggeworfener "Make America Great Again"-Hut und ein Megafon liegen auf dem Boden. Halb aufgegessene Pommes frites und Ketchup schwappen über den Rand des Resolute-Desks. Der Schreibtisch, ein Geschenk der britischen Königin Victoria aus dem Jahr 1880, und die schweren, goldenen Vorhänge sind mit Graffiti besprüht.
Im Hintergrund steht Präsident Biden und blickt scheinbar tief in Gedanken versunken aus einem Fenster auf die Außenwelt, die in Flammen zu stehen scheint. Die Titelzeile lautet "Day One".
Illustrator O'Brien hat sein Werk auf Twitter gepostet und erklärt, was ihn dazu inspiriert hat: "Nachdem ich darüber nachgedacht habe, wo wir als Nation stehen, was gerade in Washington passiert ist und was Joe Biden bevorsteht, wenn er das Amt des Präsidenten übernimmt, habe ich in den vergangenen Tagen an einem Beitrag gearbeitet, der jetzt auf dem Cover der neuen Ausgabe des "Time"-Magazins ist", twitterte er.
Das Essay, zu dem O'Brien das Bild malte, trägt den Titel "How President Biden Handles a Divided America Will Define His Legacy" (Wie Präsident Biden mit einem geteilten Amerika umgeht, wird sein Vermächtnis definieren). "Time"-Korrespondentin Charlotte Alter zitiert darin eine Passage aus Bidens Antrittsrede von Mittwoch: "Wir haben wieder einmal gelernt, dass Demokratie kostbar ist, dass Demokratie zerbrechlich ist. Und in dieser Stunde, meine Freunde, hat die Demokratie gesiegt."
Dann ergänzt sie: "Aber nur knapp. Biden führt nun ein Land, das gespalten ist zwischen Amerikanern, die an Fakten glauben, und Amerikanern, die ihnen misstrauen, zwischen denen, die eine multirassische Republik wollen, und denen, die versuchen, nicht-weiße Stimmen für ungültig zu erklären, zwischen denen, die an demokratische Institutionen glauben, und denen, die nur an Trump glauben."
Quellen: White House, "Time", "Huffington Post", "Addage", Tim O'Brien auf Twitter