Die Machtübergabe in den USA wird angesichts ihrer beispiellosen Begleitumstände in die Geschichte eingehen: Wegen der Corona-Pandemie gibt es für Biden zum einen kein Massenpublikum. Die Erstürmung des Kapitols durch gewalttätige Trump-Anhänger vor zwei Wochen hat die Behörden zudem zu erheblich verschärften Sicherheitsvorkehrungen veranlasst. Weite Teile der US-Hauptstadt sind abgeriegelt. Die Polizei wird nach Pentagon-Angaben von rund 25.000 Soldaten der Nationalgarde unterstützt.
Also alles anders als sonst? Nicht ganz: Das Datum – der 20. Januar – ist dasselbe wie immer, beziehungsweise dasselbe wie seit 1933. Bis dahin war der 4. März das traditionelle Datum gewesen, da an diesem Tag der US-Kongress im Jahr 1789 zum ersten Mal zusammengetreten war.
Die Vermeidung von "lame duck sessions"
Mit dem Termin Anfang März lagen allerdings satte 17 Wochen zwischen Wahl und Amtseinführung, was den Politikern in vergangenen Jahrhunderten ausreichend Zeit gab, aus ihren Heimatbezirken in die Hauptstadt zu gelangen.
Allerdings kam es in diesem Zeitraum auch immer wieder zu sogenannten "lame duck sessions", in der abgewählte Kongressmitglieder ihre Arbeit fortführten, ohne dass sie gegenüber den Wählern in ihren Distrikten noch Rechenschaft ablegen mussten.
Die Gefahren einer solch langen Zeitspanne zwischen Wahl und Machtübernahme lagen auf der Hand, und so war ein entsprechender Vorschlag zur Änderung der Verfassung vor über 80 Jahren nur folgerichtig: Senator George Norris aus Nebraska unterbreitete ihn, und trotzdem dauerte es damals über zehn Jahre, bis der daraus resultierende 20. Verfassungszusatz vom Senat und dem Repräsentantenhaus verabschiedet und anschließend von Dreiviertel aller US-Bundesstaaten ratifiziert wurde. Die erste Amtseinführung von Franklin D. Roosevelt wurde somit die letzte, die am 4. März stattfand.
Washington am Mittwoch: sechs Grad, teils bewölkt
Seitdem ist der Inauguration Day auf den 20. Januar festgelegt. Sollte dieser, wie zu Beginn der zweiten Amtszeit von Barack Obama im Jahr 2013, auf einen Sonntag fallen, wird der Amtseid in kleinem Rahmen abgelegt und die Zeremonie auf den folgenden Montag verlegt.
Dass der Januar mit Durchschnittstemperaturen zwischen minus zwei und plus sechs Grad Celsius der kälteste Monat des Jahres in Washington ist, mag ein ungemütlicher Nebeneffekt dieser Tradition sein, spielt aber aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen und damit ausbleibenden Menschenmassen auf der Pennsylvania Avenue zumindest für die Vereidigung von Joe Biden nur eine untergeordnete Rolle.
Der Vollständigkeit halber hier trotzdem die Wettervorhersage für den heutigen Mittwoch, 12 Uhr mittags Ortszeit in Washington: sechs Grad, teils bewölkt.