Tony Blair "Die Geschichte wird mein Richter sein"

Aller Kritik im eigenen Land zum Trotz ist Tony Blair stets vom militärischen Vorgehen gegen Irak überzeugt gewesen.

Blair zum Kampf gegen Saddam Hussein fest entschlossen

Aller Kritik im eigenen Land zum Trotz ist Tony Blair stets vom militärischen Vorgehen gegen Irak überzeugt gewesen. "Er glaubt leidenschaftlich daran, dass man sich Tyrannen wie Saddam Hussein in den Weg stellen muss", sagte einer der Sprecher des britischen Premierministers.

Tatsächlich zieht sich die Beschäftigung mit Diktatur und militanten Ideologien wie ein roter Faden durch das Leben Blairs. Während seines Jurastudiums in Oxford setzte er sich Anfang der 70er Jahre mit den Thesen von Marx und Trotzki auseinander. Er verwarf sie jedoch, weil er die damaligen Entwicklungen in Osteuropa nach eigenen Worten zutiefst desillusionierend fand. Stattdessen wandte er sich den christlich-sozialreformerischen Ideen des schottischen Philosophen John Macmurray zu, die ihn bis heute geprägt haben.

Blair hat es sich aber nicht leicht gemacht mit seiner Entscheidung, den Kriegskurs von US-Präsident George W. Bush uneingeschränkt zu unterstützen. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist seine Beliebtheit stetig gesunken. Im Mai 1997 und im Juni 2001 hatte Blair überwältigende Wahlsiege für die Labour Party errungen. Doch inzwischen hat er in den Umfragen einen absoluten Tiefpunkt erreicht.

Irak-Kurs brachte ihm viele Feinde im eigenen Lager ein

Auch in seiner eigenen Fraktion konnte Blair nicht mehr auf volle Unterstützung zählen. Zwar billigte das Unterhaus seinen Kurs am 26. Februar mit 434 zu 124 Stimmen, doch unter den Gegnern befanden sich 59 Labour-Abgeordnete.

Noch schlimmer war für Blair die Abstimmung über einen Zusatz, wonach das Parlament feststellen sollte, dass es zurzeit keinen Anlass für eine Militäraktion gegen Bagdad gebe. Dieser Antrag wurde zwar mit 393 zu 199 Stimmen zu Fall gebracht, doch 122 der insgesamt 410 Labour-Abgeordneten unterstützten ihn. Dies war nicht nur die bislang größte Rebellion der Labour-Fraktion gegen Blair, sondern auch die größte Rebellion einer britischen Regierungspartei gegen ihren Premierminister seit mehr als 100 Jahren. Einige Regierungsmitglieder kündigten ihren Rücktritt an, zahlreiche Parteimitglieder traten aus der Labour Party aus.

Verweis auf Sudetenkrise und Münchner Abkommen

Doch Blair ließ sich von all dem nicht beirren. In einem am 1. März veröffentlichten Interview des linksliberalen "Guardian" verglich er die aktuelle Lage mit der Sudetenkrise von 1938, zu deren Beendigung Premierminister Neville Chamberlain im Münchner Abkommen eine friedliche Lösung mit Hitler vereinbarte. Die damaligen pazifistischen Politiker hätten bestimmt edle Motive gehabt, doch die Geschichte habe bewiesen, dass sie im Unrecht gewesen seien, betonte Blair. Genau so sei er überzeugt, dass die heutigen Gegner jeglicher Militäraktionen gegen Irak einer Fehleinschätzung unterlägen.

Wer am Ende Recht behalte, müsse sich erst noch zeigen. "Die Geschichte wird mein Richter sein", sagte Blair. Diesem Urteil wolle er sich stellen - ebenso wie dem Urteil der Wähler bei der nächsten Unterhauswahl. Ein Premierminister dürfe nicht den Weg des geringsten Widerstands gehen, sondern müsse stets das tun, was er für das Richtige halte: "Und ich glaube, den Weg zu gehen, den die Gegner meiner Position vorschlagen, wäre sehr, sehr gefährlich für unser Land und für die ganze Welt."

Annedore Smith