Es hagelt Kritik an der Entscheidung, den Bürgermeister von Istanbul neu wählen zu lassen. Die Regierungspartei AKP von Präsident Recip Tayyip Erdogan hatte nach ihrer knappen Wahlniederlage am 31. März einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Wahlbehörde YSK entschied daraufhin, die Bürgermeisterwahl zu annullieren und am 23. Juni neu wählen zu lassen. Kritiker und Kommentatoren monieren, dass sich die Wahlbehörde dem Druck von Präsident Erdogan gebeugt hätte.
So will die Opposition die Menschen zur Wahl bewegen
Die Wahlwiederholung fällt mit dem 23. Juni auf einen Tag, an dem viele Istanbuler in Richtung Meer aufbrechen. Um die Menschen dennoch zur Wahl zu bewegen, zeigten sich die Anhänger der Oppositionspartei CHP – die bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul knapp gewonnen hatte – ungewöhnlich kreativ.
- So gab etwa die Stadtverwaltung des Badeorts Bodrum, wo die CHP die Mehrheit hat, eine Unwetterwarnung heraus. "Liebe Istanbuler, für den 23. Juni ist in Bodrum schwerer Schneefall vorhergesagt. Alle unsere Strände werden geschlossen sein", schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Wir empfehlen euch, an diesem Tag die Sonne in Istanbul zu genießen."
- Andere Küstenorte warnten vor "Temperaturen bis zu 150 Grad und einer 90-prozentigen Luftfeuchtigkeit".
- Unter dem Schlagwort #herseycokguzelolacak (Alles wird gut) riefen auch prominente türkische Schauspieler und Musiker wie der Popstar Tarkan zur Wahl auf.
- Fluggesellschaften, darunter Pegasus und Turkish Airlines, boten Passagieren, die am Wahltag in Istanbul bleiben, eine kostenlose Erstattung ihrer Flugtickets an.
- Der Verband der türkischen Reiseveranstalter teilte zudem mit, dass Hotelreservierungen kostenlos storniert werden könnten.
Wahlwiederholung in Türkei umstritten
Die türkische Wahlkommission YSK hat Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul zurückgewiesen. "Es ist inakzeptabel, dass die Mitglieder der Kommission wegen ihrer Entscheidung persönlich angegriffen und diskreditiert werden", erklärte die Behörde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch. Das Gremium werde weiterhin seine Pflicht tun, "trotz Drucks, Verleumdung, Beschimpfungen und Drohungen".
Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu von der Oppositionspartei CHP, der die Wahl knapp gewonnen hatte, sprach von "Verrat". Die Entscheidung stieß im In- und Ausland auf heftige Kritik. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte sie "nicht nachvollziehbar", die EU forderte eine "unverzügliche" Begründung.