Parlamentswahlen TV-Debatte in Frankreich: Wer überzeugte und wer enttäuschte

Jordan Bardella, Gabriel Attal und Manuel Bompard bei der Fernsehdebatte in Frankreich
Jordan Bardella, Gabriel Attal und Manuel Bompard bei der Fernsehdebatte in Frankreich
© AFP
In Frankreich konkurrieren drei Lager um die Parlamentswahl – am Dienstag trafen ihre Vertreter im Fernsehstudio aufeinander. Einblicke in eine Debatte, die nur eine entscheidende Erkenntnis brachte.

Nachdem Präsident Emanuel Macron überraschend kurzfristig Neuwahlen fürs Parlament angesetzt hat, bleibt in Frankreich für Parteiprogramme nicht viel Zeit. Bereits am kommenden Sonntag steht die erste Abstimmungsrunde an, die zweite folgt am 7. Juli. Ein Wahlkampf unter Hochdruck und vor allem im Fernsehen: Gestern traten die Vertreter aller drei Lager erstmals gegeneinander in einer TV-Debatte an. 

Premierminister Gabriel Attal, 35, verteidigte seinen Posten und die Linie der Regierung gegen seine Herausforderer. Für die Rechten war Jordan Bardella, 28, im Studio, der Vorsitzende des Rassemblement National. Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire hat noch keinen möglichen Präsidentschaftskandidaten auserkoren, sie schickten Manuel Bompard, 38, von der Partei La France Insoumise vor die Kameras. 

Farbloses TV-Duell in Frankreich

Drei Männer in dunkelblauen Jacketts. Einziger Farbtupfer war die rote Krawatte Manuel Bompards, der es sich außerdem erlaubt hatte, mit Dreitagebart anzureisen, was ihm zwischen seinen glattgebügelten Konkurrenten eine beinah verwegene Aura verlieh.  

Bevor es losging, sollte jeder Herr anhand eines Fotos beschreiben, was ihm besonders wichtig sei. Bompard zeigte eine Szene aus einem Arbeitsamt: Er will Macrons Rentenreform überarbeiten. Für Attal stehen die Schulen im Fokus, er will die sozialen Ungleichheiten bekämpfen. Bardella hatte eine Stromrechnung ausgewählt: "Ich werde der Premierminister der Kaufkraft sein", versprach er. 

Im Eilverfahren wurde anschließen eine Vielfalt innenpolitischer Themen durchpalavert, von Rente über Mindestlohn, Steuern und E-Autos bis zur Kleiderordnung für Schülerinnen und Schüler. Außenpolitische Themen kamen nicht zur Sprache, Putins Russland, der Ukraine-Krieg oder die Zusammenarbeit in der EU blieben ebenfalls unerwähnt.

Erkenntnisse gab es wenig. Bardella schwebt offenbar vor, die Beitragsdauer zur Rente für jene zu senken, die "früh" anfangen und "schwierige Arbeit" erledigen, verständlich erklären konnte er seine Pläne in der Kürze allerdings nicht. Attal rechnete vor, was es kosten würde, die Rentenreform rückgängig zu machen. Von links plädierte Bompard für eine Grundrente in Höhe des Mindestlohns. So ähnlich und mühsam kleinteilig ging es weiter – fast zwei Stunden lang.

Bardellas alte Tricks ziehen nicht mehr

Welche Schlüsse kann man nach diesem Abend ziehen? Jordan Bardella versuchte Punkte zu sammeln, indem er Gabriel Attal als Vertreter der Pariser Elite angriff: "Ja, bitte, halten Sie mir eine Vorlesung in Ökonomie, Herr Premierminister mit den hohen Schulden." Wenn er argumentativ nicht weiterkommt, wird das Gegenüber als inkompetenter Berufspolitiker lächerlich gemacht – das ist sein alter und inzwischen verbrauchter Trick. Am gestrigen Abend wirkte das wenig überzeugend.

Gabriel Attal bemühte sich, als glaubwürdige Kraft der Mitte aufzutreten, er wolle nicht das Blaue vom Himmel versprechen. Mehrfach wies er seinen Kollegen vom RN darauf hin, dass von ihm geforderte Maßnahmen – wie etwa eine Übersicht der Regierungsausgaben – in der Republik bereits seit langem existierten.

Überraschend souverän gelang Manuel Bompards Auftritt. Sein Wahlkreis liegt im südfranzösischen Marseille und als einziger in der Runde konnte er daher von politischer Arbeit an der Basis berichten. So plädierte er dafür, die unter Sarkozy abgeschaffte bürgernahe Polizei wieder einzuführen, um die Kriminalität in sozialen Brennpunkten zu bekämpfen.

"Ich weiß, was Ihnen vorschwebt, Ihr Modell ist Kuba", attackierte Bardella seinen linken Konkurrenten zusammenhanglos. Der konterte: "Wollen Sie wirklich, dass wir darüber reden, welches Ihre Modelle sind?"

Gegen Ende der TV-Diskussion brachte Bardella noch einige seiner Kernphrasen unter: "Die Franzosen erkennen das Land ihrer Kindheit nicht mehr wieder", was unfreiwillig komisch wirkte aus dem Mund eines 28-Jährigen. Bompard wies darauf hin, dass es gefährlich sei, Ausländern die Gesundheitsleistungen zu streichen, wie der RN es fordert: "Bakterien und Viren kümmern sich nicht um die Aufenthaltspapiere eines Menschen." 

Attal erklärte in seinem Schlusswort, dass Frankreich bei der bevorstehenden Wahl über seine Werte und sein Schicksal abstimme. Ebenfalls eine Phrase – dann war die Diskussion beendet. Überraschende Positionen oder Vorschläge bekam man nicht zu hören. Allerdings zeichnete sich erneut ab: Wenn es um Details geht, hat der Kandidat des RN bei der Umsetzung seines Programms noch viele Leerstellen zu füllen.