stern-Podcast "Die Lage – international" Mölling erwartet weitere Gebietsverluste der Ukraine

Die ukrainischen Truppen stehen massiv unter Druck – und werden nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling weiter zurückgedrängt.

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet weitere Gebietsverluste der Ukrainer im Osten des Landes. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast "Die Lage – international", Russland versuche gerade, die Zeit zu nutzen, bis die neuen amerikanischen Waffenlieferungen eingetroffen und einsatzbereit seien. Die Situation sei "so fragil, dass man nicht weiß, wieviel noch verloren geht", analysierte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Er verwies auch auf den 9. Mai in der kommenden Woche, der in Russland als Tag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland gefeiert wird und an dem die russische Führung Erfolge vorweisen wolle. Mölling erwartete aber ausdrücklich nicht, dass es den Russen sehr bald gelingt, große Städte zu erobern. Möglich sei eine Offensive der Besatzer im Donbass im Laufe der nächsten Wochen. Der Experte beklagte, dass in den Hauptstädten der NATO-Staaten zwar der Ukraine Solidarität und Unterstützung zugesagt werde, dann aber nicht ausreichend gehandelt werde: "Die Rhetorik im Westen wird lauter, bestimmter. Gleichzeitig muss man sagen: mit welchen Waffen denn?" 

Keine Partei erwartet mehr echten Friedensschluss

In unmittelbarer Zukunft sah Mölling keine Perspektive für eine Beilegung des Konflikts oder auch nur für eine Unterbrechung der Kämpfe. Auch von der in der Schweiz für Mitte Juni geplanten internationalen Konferenz erwartete er keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Krieg. "Ein Teil der Ukrainer ist davon überzeugt, dass man über die große Sichtbarkeit einer solchen Konferenz Druck auf Russland ausüben kann", sagte er. Letztlich gehe es aber darum, eine Situation zu erreichen, in der beide Seiten sich von einer Fortführung der Auseinandersetzung keine Vorteile mehr versprechen. "Das steht jetzt nicht an", sagt er. Ein solcher Punkt, könne aber später erreicht werden. Dann sei es möglich, dass beide Konfliktparteien sagten: "Wir verpassen uns eine Atempause." An einen echten Friedensschluss glaubten die Kontrahenten ohnehin nicht. Russland habe sich durch sein Verhalten in eine Situation gebracht, in der es weit außerhalb des Rechts stehe und jede Glaubwürdigkeit als Vertragspartner verloren habe. „Es geht gar nicht um die Tinte unter dem Vertrag", sagte er. „Auf einen Vertrag wird keiner mehr einen Pfifferling geben."