Podcast "Ukraine – die Lage" Mölling: Ukraine wird in New York weniger Unterstützung erhalten, weil Russland erfolgreicher trommelt

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Wolodymyr Selenskyj wird vor der UN in New York eine Rede halten
© Eduardo Munoz/Pool AP / DPA
In New York tagt die UN-Generalversammlung. Sicherheitsexperte Christian Mölling glaubt, dass Russland im Vorteil im Kampf um das Narrativ ist. Die Folge: Mehr Staaten als zuvor werden nicht klar Position für die Ukraine beziehen.

Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen einen wichtigen Stimmungstest für die globale Unterstützung der Ukraine. Mölling sagte im stern-Podcast, er rechne damit, dass sich mehr Staaten als zuvor in der Ukraine-Frage enthalten würden. "Russland hat im letzten Jahr viel daran gearbeitet, sein eigenes Image im Ausland aufzupolieren", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

"Mehr Staaten werden sich enthalten"

"Den Kampf ums Narrativ führt Russland viel aggressiver und sehr erfolgreich." Dagegen habe "der Westen im Grunde genommen ziemlich geschlafen". Mölling verwies zudem darauf, dass Russland mit großem Erfolg Diktatoren unterstütze. Insgesamt erwarte er daher, "dass sich mehr Staaten enthalten werden als zuvor". 

Die Rede des ukrainischen Präsidenten sieht Mölling als wichtige Gelegenheit für Wolodymyr Selenskyj, direkten Kontakt zu den Staats- und Regierungschefs der Welt aufzunehmen. Anders als im vergangenen Jahr schickt er nicht nur eine Videobotschaft, sondern tritt selbst in New York auf. Mölling erläuterte, dass die Vollversammlung an Bedeutung gewinne, da der Sicherheitsrat – das eigentliche Machtzentrum der Uno – weitgehend gelähmt sei. Dort hat Russland ein Veto-Recht. "Der Aggressor ist quasi sein eigener Richter", so Mölling mit Blick auf den russischen Angriffskrieg.

Selenskyj besucht US-Präsident Biden

Selenskyj reist von New York weiter nach Washington, wo er US-Präsident Joe Biden und wichtige Vertreter des Kongresses treffen wird. Nach Möllings Einschätzung sind auch Teile der republikanischen Partei weiter zur militärischen Unterstützung der Ukraine bereit. Allerdings würden schon jetzt Entscheidungen auch mit Blick auf die Frage getroffen, ob sie im Wahlkampf des kommenden Jahres zur Belastung werden könnten.

Der Experte reagierte skeptisch auf die Warnungen Selenskyjs in einem Interview mit dem US-Sender CBS vor einem dritten Weltkrieg und bezweifelte, dass ein Sturz von Präsident Wladimir Putin die Lage in Russland verbessern würde. Falls Putin abgelöst werde, sei nicht mit einer Demokratisierung zu rechnen. "Dann wird es eine ganz ruppige Phase geben – und danach trotzdem wieder jemanden, der sich durch Gewalt und mit den Mitteln der Gewalt durchgesetzt hat."

nik