Podcast "Ukraine – die Lage" Militärexperte Mölling: Russland will Nato zermürben

Führt Krieg gegen die Ukraine: Russlands Präsident Wladimir Putin
 Präsident Wladimir Putin will  Russlands Macht in Europa ausbauen
© Mikhail Klimentyev / Pool Sputnik Kremlin / AP / DPA
Russland will nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling das westliche Militärbündnis schwächen und zermürben – aber nicht durch eine große militärische Konfrontation.

Die russische Führung sucht nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling nach Wegen, den Zusammenhalt der Nato zu erschüttern. Mölling sagt am Dienstag in der 177. Ausgabe des stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Wenn es die Möglichkeit gibt, die Nato nicht militärisch, sondern politisch anzugreifen, dann wird man die nutzen."  Das Ziel sei es, das westliche Bündnis zu spalten und Zonen unterschiedlicher Sicherheit innerhalb der Allianz zu schaffen.

"Es geht nicht immer um einen Schießkrieg", erläutert der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Sondern darum, "schrittweise die Balance zu ändern und mehr Macht zu bekommen". Letztlich strebe Russland die Kontrolle über sein "geopolitisches Vorfeld" an. Dies bedeute aber nicht, dass es große Teile des Nato-Gebiets besetzt halten wolle.

Russland auf Ukraine – und will Schwächung der Nato

"Nur über politische Einigkeit entsteht militärische Macht", sagt Mölling. Genau das sei der Grund, warum Russland mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf die Schwächung der politischen Einheit ziele. Wenn dies Erfolg habe, stelle sich die Frage, wie weit die Solidarität im Bündnis wirklich reiche und wer bereit sei, was für den anderen zu tun. Mölling erinnert an das Versprechen, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets gemeinsam zu verteidigen. Wenn daran Zweifel wüchsen, schwäche das die militärische Leistungsfähigkeit. Die Europäer ruft der Experte dazu auf, sich so vorzubereiten, dass sie ihre Sicherheit notfalls auch ohne die USA organisieren könnten. 

Bislang sei Amerika immer der tragende Pfeiler der Allianz gewesen. Es sei aber denkbar, dass zum Beispiel durch den Taiwan-Konflikt eine Situation entstehe, in der die USA Truppen aus Europa abziehen. Auch bei einer Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten drohten Risiken. "Dafür muss Trump nicht aus der Nato aussteigen, es reicht, wenn er ein Fragezeichen hinter den nuklearen Schutzschirm macht", sagt Mölling. "Darauf muss man sich vorbereiten."

Im Moment reichten die militärischen Möglichkeiten der Europäer nicht aus. Und es sei nicht leicht, sie auszubauen. "Geld ist ein relativ einfaches Transmissionsmittel", sagt Mölling.  Es sei schneller zu beschaffen als militärische Macht. "Die muss vorbereitet werden, das dauert viel, viel länger."

Eher skeptisch sieht Mölling die Pläne für die Stationierung einer Bundeswehr-Brigade in Litauen. "Ich glaube nicht, dass das das beste Konzept ist", sagt er.

"Die Abschreckungswirkung der Nato hängt nicht von dieser einen Brigade ab, sondern davon, dass insgesamt genug da ist." Zudem sei er nicht sicher, dass sich genug Soldatinnen und Soldaten finden werden, die nach Litauen gehen wollen. "Ich habe eher die Sorge, dass das Ding in zwei, drei Jahren stirbt", sagt er zu den Perspektiven der Truppenstationierung im Baltikum. 

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