Podcast "Ukraine – die Lage" Militärexperte Masala: Ukrainer haben die Initiative übernommen

Russisches Kriegsgerät wird auf den Straßen der ukrainischen Hauptstadt Kiew ausgestellt
Russisches Kriegsgerät wird auf den Straßen der ukrainischen Hauptstadt Kiew ausgestellt
© Sergei Chuzavkov / Sopa Images / Zuma Press Wire / DPA
Die Ukrainer haben die Initiative, doch noch sei es viel zu früh, hier die entscheidende Wendung in diesem Krieg zu sehen, sagt Militärexperte Carlo Masala im stern-Podcast "Ukraine – die Lage".

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Einschätzung des Militärexperten Carlo Masala die Initiative im Krieg gegen die russischen Aggressoren übernommen. "Die Ukrainer sind seit anderthalb Wochen in der Lage, das Schlachtfeld zu formen und zu bestimmen", sagt er am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage". Sie könnten entscheiden, wo und wie sie angreifen. Dabei erzielten sie bemerkenswerte Erfolge.

Carlo Masala sieht Ukraine in leichten Voteil

Der Professor der Bundeswehruniversität München erläutert: "Die ukrainischen Verluste sind hoch, aber die russische Verteidigungslinien kollabieren relativ schnell." Es seien aber "natürlich nur begrenzte Gegenangriffe". Vor allem stelle sich die Frage, wie nachhaltig die Gebietsgewinne seien – also, ob die Ukrainer ihre Eroberungen auch verteidigen könnten, wenn sich die russischen Kräfte neu formiert haben. Es sei daher "noch viel zu früh, hier die entscheidenden Wendung in diesem Krieg zu sehen".

Prof. Dr. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München
© Imago Images

Dr. Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Bundeswehruniversität München. 

Masala zeigt sich beeindruckt von der Leistungsfähigkeit der ukrainischen Truppen. Auch er habe am Anfang des Krieges darauf geschaut, wer etwa wie viele Soldaten und welches Material habe. Wichtige andere Faktoren habe er wie die meisten Experten unterschätzt: "Wie ist Motivation? Wie ist die Flexibilität, Agilität, Innovationsfähigkeit?" Die Ukrainer, wüssten, wofür sie kämpfen. "Bei den Russen ist das nicht der Fall."

Masala verweist darauf, dass aus einer ganzen Reihe von Gründen die nächsten Wochen wichtig für den weiteren Verlauf des Konflikts seien. "Jetzt muss man versuchen, auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen", sagt er mit Blick auf den Herbst, in dem das Wetter die Beweglichkeit einschränken werde. Die ukrainische Führung müsse die Kampfmoral der eigenen Soldaten ebenso hochhalten wie die Unterstützung der Bevölkerung für den Krieg. Zudem könne auch die westliche Unterstützung erodieren, wenn die ukrainische Armee chancenlos erscheine. "Präsident Selenskyj bedient natürlich auch ein propagandistisches Narrativ, er muss es auch", sagt Masala.

wue