Podcast "Ukraine – die Lage" Sicherheitsexpertin Claudia Major: Referenden in der Ostukraine sind "reine Farce"

Vorbereitungen für das Referendum in Donezk
Auch in der selbsternannten Volksrepublik Donezk bereitet man sich für ein "Referendum" über den Beitritt zu Russland vor. Die Wahlen sollen bis Dienstag laufen, danach wird mit einer raschen Annexion durch Moskau gerechnet
© Nikolai Trishin/ / Picture Alliance
Die Militärexpertin Claudia Major hat die am Freitag gestarteten Scheinreferenden in der Ostukraine über einen Anschluss an Russland als Erpressungsversuch bezeichnet, auf den sich der Westen nicht einlassen dürfe. Das sagt sie im stern-Podcast "Ukraine – die Lage".

Die Militärexpertin Claudia Major hat die am Freitag gestarteten Scheinreferenden in der Ostukraine über einen Anschluss an Russland als Erpressungsversuch bezeichnet, auf den sich der Westen nicht einlassen dürfe. Russland wolle mit den Abstimmungen die Angst verbreiten, dass eine weitere Unterstützung der ukrainischen Versuche, die Gebiete zurückzuerobern, unabsehbare Konsequenzen habe, sagte Major im stern-Podcast "Ukraine – die Lage". "Wir müssen diesem Mechanismus, des Druck-Ausübens, widerstehen", sagte die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft in Politik. Die Reaktion könne nur sein, die Erpressungsabsicht zu erklären und zu benennen, die Unterstützung für die Ukraine zu stärken und über neue Sanktionen zu reden, wenn tatsächlich ukrainisches Gebiet annektiert werde.

"Eskalation aus einer Position der Schwäche"

Major wertete die Scheinreferenden und die Teilmobilmachung in Russland ebenso wie drakonische Strafandrohungen für Deserteure als "Eskalation aus einer Position der Schwäche". Mit der Einberufung von Reservisten komme der Krieg in den russischen Familien an – das erhöhe die innenpolitischen Risiken für das Regime in Moskau, aber auch die Gefahr einer weiteren Steigerung der Repression gegen die eigene Bevölkerung. "Wie das ausgeht, ist unheimlich schwer zu sagen", sagte Major. Im Moment funktioniere der russische Repressionsapparat offenbar. Zudem seien zivilgesellschaftliche Strukturen in den vergangenen Jahren zerstört worden, so dass nicht erkennbar sei, wer Träger eines Protest und Anwalt von Veränderungen sein könne. "Jetzt auf eine schnelle Veränderung zu hoffen, halte ich für leider, leider naiv“, sagte sie.

Claudia Major: "Halte nukleare Eskalation für sehr unwahrscheinlich"

Die Politikwissenschaftlerin verwies darauf, dass Putin seit langem nukleare Drohungen nutze, um Entscheidungen im Westen zu beeinflussen und Angst zu schüren. Major sagte: "Ich kann in Putins Kopf nicht reinschauen, aber ich halte eine nukleare Eskalation – also beispielsweise das Zünden einer taktischen Atomwaffe – für sehr unwahrscheinlich." Sie sprach sich dafür aus, die Ukraine weiter zu unterstützen, zugleich aber deutlich zu machen, dass der Westen nicht den Sturz von Putin und seiner Regierung anstrebe.

Hinweis der Redaktion: Sicherheitsexpertin Claudia Major ist die Vertretung für Carlo Masala. Sie wird noch in einer Folge zu hören sein.

yks