Der Sicherheitsexperte Christian Mölling hält es für möglich, dass die Ukraine versucht, Bachmut in einer Offensive zurückzuerobern. Aktuell scheint die Stadt zu größten Teilen eingenommen zu sein. Militärisch-strategisch sei das nicht mehr relevant, meint der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Doch er sagt: "Bachmut ist zu einem politischen Kipppunkt geworden, insbesondere für Moskau." Die ukrainischen Streitkräfte konnten dort dadurch lange Zeit russische Kräfte binden. Nun könnten sie die Rückeroberung planen. Im stern-Podcast "Ukraine – die Lage" sagt er: "Dass das Kapitel jetzt beendet ist, nur weil es einmal eingenommen ist, wäre eine komplette Fehlannahme." Auch weil die Wiedereinnahme eine positive Schlagzeile für Kiew wäre.
Belgorod könnte Teil der Vorbereitung einer größeren Offensive der Ukraine sein
Bei der Einschätzung von Angriffen im russischen Grenzgebiet Belgorod ist Mölling vorsichtig: "Alle Seiten versuchen Informationen zu streuen, die ihnen helfen." Deshalb könne man noch nicht sagen, ob es sich tatsächlich um autonome Angriffe von russischen Freischärlern handelt oder das ukrainische Militär sie unterstützt. Diese Elemente von Chaos seien in der Kriegsführung eine "wunderbare Situation", so lange man das Chaos nicht selbst erlebt.
Bachmut vor dem Fall. Bilder einer Schlacht, die nicht enden darf

Schon fast ein Jahr lang kommt es in der 75.000-Einwohner-Stadt zu Auseinandersetzungen mit prorussischen Separatisten. Bereits im Frühjahr gleichen manche Ecken Bachmuts Trümmerfeldern.
Entscheidend sei jetzt die Frage, ob es den Freischärlern gelingt, sich dauerhaft festzusetzen. "Dann ist das eine Gefahr für die logistische Versorgung der russischen Verbände, weil die Gegend ein Umschlagpunkt für die Logistik ist", sagt der Sicherheitsexperte. Aber auch so seien die Angriffe ein "symbolischer Fingerzeig, dass Russland nicht in der Lage ist, seine eigenen Grenzen zu schützen." Dadurch spreche man weniger über die Eroberung Bachmuts, sondern auch über diesen pro-ukrainischen Erfolg in Belgorod – ein PR-Coup, meint Mölling.