Der Handel mit Kräutermischungen, die als Cannabis-Ersatz geraucht werden, kann nicht unter Berufung auf das Arzneimittelgesetz verboten werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg nahm zu einem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anhängigen Verfahren Stellung: Er entschied, gemäß der EU-Arzneimittelrichtlinie seien solche sogenannten "Legal Highs" keine Arzneien. An diesem Urteil ändere auch die Tatsache nichts, dass "der Vertrieb der fraglichen Stoffe jeder Strafverfolgung entzogen" sein könnte.
Die höchsten EU-Richter Richter argumentierten, ein Arzneimittel müsse der Gesundheit "unmittelbar oder mittelbar zuträglich" sein. Davon könne bei den Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden keine Rede sein. Die Tatsache, dass ein Stoff die Funktion des Körpers beeinflusse, reiche aber nach dem auch in Deutschland geltenden EU-Recht nicht aus, um von einem Arzneimittel zu sprechen.
Zwischen Therapie und Entspannung
Der BGH muss über die Rechtmäßigkeit von deutschen Strafen für zwei Verkäufer solcher Kräutermischungen entscheiden, die damals nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht verboten waren. Einer der beiden hatte in seinem Laden "Alles rund um Hanf" in Lüneburg die Substanzen als "Raum-Parfüms" und "Raum-Erfrischer" verkauft. Er war wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Ein anderer Online-Händler hatte gar viereinhalb Jahre Haft bekommen.
Der EuGH entschied, eine Strafverfolgung wegen des Verkaufs bedenklicher Arzneimittel sei nicht möglich. Die "Legal Highs" würden "nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungszwecken" konsumiert. Sie seien als gesundheitsschädlich anzusehen. Solche Stoffe könnten nicht als Arzneimittel eingestuft werden. Wegen der erheblichen Nebenwirkungen der psychoaktiven Stoffe habe die Pharmaindustrie Versuchsreihen für mögliche Arzneimittel abgebrochen.
Tödliche Kräutermischung
"Legal Highs" sind meist aus synthetischen Stoffen hergestellte Rauschmittel. Durch Änderung der chemischen Struktur produzieren Drogenköche immer neue psychoaktive Stoffe, die nicht unter bisherige Verbote fallen. Die zum großen Teil in Asien produzierten Drogen werden als Badesalz, Kräutermischung, Luft-Erfrischer oder Pflanzendünger verpackt und verkauft, ohne die wirklichen Inhaltsstoffe anzugeben. Der Konsum ist alles andere als harmlos: Die Symptome reichen von Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Ohnmacht und Wahnvorstellungen. In Deutschland wurden mehrere Todesfälle bekannt.
Nach Angaben der deutschen Drogenbeauftragten sind zahlreiche angebliche "Legal Highs" nicht nur gefährlich, sondern auch strafbar - sofern sie Stoffe enthalten, die im Anhang zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt sind.