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US-Präsident Donald Trump wäre so gern ein Bücherwurm

"Rage", das neue Buch des Watergate-Enthüllers Bob Woodward
"Rage", das neue Buch des Watergate-Enthüllers Bob Woodward. "Ich habe es tatsächlich letzte Nacht gelesen. Ich habe es sehr schnell gelesen und es war sehr langweilig", sagt US-Präsident Donald Trump.
© Scott Olson / Getty Images / AFP
Ein Charakterzug des US-Präsidenten ist Beobachtern bisher verborgen geblieben: Donald Trump muss ein fanatischer Büchernarr sein. Anders lässt sich seine letzte Lektüre nicht erklären.

Eigentlich kommt es einem Wunder gleich, dass Donald Trump das Interview wahrnehmen konnte. Die Nacht zuvor muss er kein Auge zugemacht haben. Doch der US-Präsident wirkt am Dienstagmorgen bei "Fox & Friends", im Frühstücksfernsehen für konservative Early Birds, nicht fahriger als sonst auch.

Dort hat der Präsident einen Charakterzug offenbart, der Beobachtern bisher verborgen geblieben ist: Er muss ein fanatischer Büchernarr sein. Anders lässt sich seine letzte Lektüre nicht erklären. Trump, so erzählt er es, hat "Rage" (dt.: "Wut") gelesen, das neue Enthüllungsbuch der Reporter-Legende Bob Woodward – ein Armutszeugnis für den Präsidenten. Innerhalb von einer Nacht. "Ich habe es tatsächlich letzte Nacht gelesen. Ich habe es sehr schnell gelesen und es war sehr langweilig", poltert er wenig überraschend gegen die unliebsame Veröffentlichung.

Ein Fan der Publikation ist der Präsident also nicht. Und es ist davon auszugehen, dass er auch kein Bücherwurm ist, wie das "New York Magazine" anschaulich durchbuchstabiert.

Donald Trump, ein unermüdlicher Leser?

Auf 466 Seiten skizziert Woodward in "Rage" die vielen Wirrungen und Irrungen der Trump'schen Präsidentschaft – ein Wälzer, der auf einem Amazon Kindle, ein E-Reader, exakt zehn Stunden und 18 Minuten Lesezeit verschlingen würde. Nun kann es natürlich sein, dass Trump ein bemerkenswerter Schnellleser mit hoher Auffassungsgabe ist, der während des Schmökerns noch zahlreiche Tweets absetzen kann (wie in der Nacht vor dem besagten "Fox & Friends"-Interview). Doch auch an diesem Umstand muss gezweifelt werden.

In "The Madman Theory", einem Buch, das ebenfalls Trumps Amtszeit zum Thema hat, berichtet der CNN-Journalist Jim Sciutto, dass der Präsident Schwierigkeiten habe, selbst kurze Zusammenfassungen zu lesen. Demnach habe sich Trump gesträubt, lange Geheimdienstberichte zu studieren. Seine Berater sollen die Informationen daraufhin auf ein Minimum zusammengekürzt haben: Auf drei Stichpunkte – von denen Trump immer nur zwei gelesen haben soll.

Das ist mindestens ungewöhnlich für einen Leser, dessen Bücherregal-Bretter gefährlich durchhängen müssten – gemessen an den zahlreichen Pageturnern, die er auf seinem Twitter-Account schon beworben hat (wie hier, hier, hier, hier und hier). Zugegeben: Die Empfehlungen beschränken sich auf wohlwollende Texte über Trump oder Abhandlungen, die in seine Agenda passen. Und dürften kaum mehr als ein Sichtvermerk sein: Es ist nicht überliefert, dass der Präsident auch nur eines der Bücher tatsächlich gelesen hat – die vermeintlichen Kurz-Rezension bestehen oftmals aus Dank und Glückwünschen für die Autoren, zu ihren Zeilen verliert der Präsident praktisch kein Wort. Außer, die angebliche Lektüre hat ihm – wie auch im Fall Woodward – nicht gepasst. Das Enthüllungsbuch "Fire & Fury" kanzelte Trump etwa als "Fake Buch" eines "mental derangierten Autoren" ab.

Nun könnte man den Verdacht äußern, dass Trump nur vorgibt, ein Faible für die Literatur zu haben. Ein Interview aus dem Jahr 1987 nährt zumindest diese Annahme.

Im Gespräch wird Trump, damals noch Immobilienmogul in New York, nach seinen Lieblingsautoren gefragt. Da gebe es so einige, antwortet Trump, und führt den stilprägenden Schriftsteller Tom Wolfe ins Feld. Ob er auch "Fegefeuer der Eitelkeiten" (Original: The Bonfire of the Vanities) gelesen habe? Trump verneint. Welches Buch er denn aktuell lesen würde? Er würde sein eigenes Buch, "Trump: The Art of the Deal", nochmals lesen, weil es "so fantastisch" sei. Und das beste Buch neben seinem eigenen Werk? "Ich mag das letzte Buch von Tom Wolfe sehr und denke, er ist ein sehr guter Autor", so Trump.

Das aktuelle Buch von Wolfe zu diesem Zeitpunkt: "Fegefeuer der Eitelkeiten", was er Minuten zuvor noch nicht gelesen habe.

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