Touristen oder Aufständische? "Wie kann es jemand wagen?" – US-Präsident Joe Biden kritisiert Fox-News nach Sendung zum Kapitol-Sturm

US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe Biden hat den TV-Sender Fox-News für eine Sendung über die Erstürmung des Kapitols im Januar 2021 scharf kritisiert
© Evan Vucci / DPA
Da reichte es selbst US-Präsident Joe Biden: In ungewohnt scharfer Form kritisiert er den Nachrichtensender Fox News und dessen Moderator Tucker Carlson. Der hatte in seiner Sendung die Ereignisse beim Sturm auf das Kapitol verharmlost, den wütenden Mob lediglich als "Touristen" bezeichnet.

US-Präsident Joe Biden hat die oppositionellen Republikaner und den konservativen Nachrichtensender Fox News nach einer verharmlosenden Sendung zur Kapitol-Erstürmung Anfang 2021 scharf kritisiert. "Mehr als 140 Beamte wurden am 6. Januar verletzt", schrieb Biden am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Wie kann es jemand wagen, kleinzureden oder zu leugnen, durch welche Hölle sie gegangen sind?"

"Ich hoffe, die Republikaner im Repräsentantenhaus schämen sich für das, was sie getan haben, um unsere Polizei zu untergraben", fügte der Präsident hinzu.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Twitter / X integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Mit seinem Tweet reagierte Biden auf eine Sendung des umstrittenen Fox-News-Moderators Tucker Carlson zur Kapitol-Erstürmung. Der weit rechts stehende Journalist hatte Aufnahmen gezeigt, die den Angriff auf den Kongress wie ein friedliches Ereignis wirken ließen.

Joe Biden reagiert auf Fox-News-Sendung

"Sie waren friedlich, sie waren gesittet, sie waren sanftmütig", sagte der bei konservativen Fernsehzuschauern äußerst einflussreiche Carlson an einer Stelle. "Das waren keine Aufständischen, das waren Touristen." Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy, hatte Carlson 41.000 Stunden Videoaufzeichnungen von der Kapitol-Erstürmung zur Verfügung gestellt.

Der Chef der Kapitol-Polizei, Tom Manger, kritisierte die Fox-News-Sendung nach Ausstrahlung als "beleidigend" und "irreführend". Es seien bewusst "ruhigere Momente herausgepickt" worden, ohne Kontext über "das Chaos und die Gewalt" an diesem Tag zu liefern.

Radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump hatten das Kapitol gestürmt, um eine Bestätigung von Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 zu verhindern. Der Angriff mit fünf Toten erschütterte die USA und sorgte auch international für Entsetzen.

Trump und andere republikanische Politiker sowie rechte Kommentatoren spielen die Gewalt bei der Kapitol-Erstürmung schon seit geraumer Zeit herunter. Die Sendung von Tucker Carlson stieß aber auch bei führenden Republikanern auf Kritik, unter anderem beim Anführer der Konservativen im Senat, Mitch McConnell, der von einem "Fehler" sprach.

Fox-News unter besonderer Beobachtung

Fox News steht derzeit besonders unter Beobachtung. In den vergangenen Wochen wurde durch Gerichtsdokumente bekannt, wie Verantwortliche und prominente Moderatoren des konservativen Senders - unter ihnen Besitzer Rupert Murdoch - von Trump verbreitete Wahlbetrugsvorwürfe für unsinnig hielten, während Fox News den Vorwürfen eine Plattform bot.

Die interne Kommunikation bei Fox News wurde durch eine Schadenersatzklage des Wahlmaschinen-Unternehmens Dominion bekannt, das Ziel von Verschwörungstheorien des Trump-Lagers geworden war. Am Dienstag wurde ein neues Gerichtsdokument veröffentlicht, das die Glaubwürdigkeit von Moderator Tucker Carlson weiter in Zweifel zieht. Demnach habe der konservative Fernsehmoderator, der Trump in seinen Sendungen offen unterstützte, den Ex-Präsidenten hinter den Kulissen "gehasst". 

Carlson habe demnach einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 per Textnachricht geschrieben: "Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich." 

Fox News erklärte in einer Stellungnahme, Dominion nutze die Inhalte der Gerichtsakten dazu, den Sender zu verleumden, in dem es Zitate verdrehe und falsch zuordne.

AFP
kng