Hillary Clinton will nach Angaben ihres Wahlkampfteams nicht für das Amt des US-Vizepräsidenten unter Barack Obama kandidieren. Das berichtete der TV-Sender CNN am Donnerstag unter Berufung auf einen Wahlkampfmanager.
Dabei wurde es das "Dream Ticket" genannt. Barack Obama und Hillary Clinton. Die beiden politischen Superstars der Demokraten, ein scheinbar unschlagbares Paar. Seit Barack Obama die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei in der Tasche hat, wird in den USA heftig darüber diskutiert, wen er mitnimmt auf seine Reise, die im Weißen Haus enden soll; also: Wer wird Vizepräsidentschaftskandidat? Ausgerechnet die Dame, die er in einem monumentalen Vorwahlkampf niedergerungen hat, mit der er sich monatelang gestritten hat, drängt sich als vermeintliche Traumpartnerin auf: Hillary Clinton.
"Ich bin sehr viel wert"
Sie will. Hillary Clinton will als erste Frau die US-Vizepräsidentschaft erringen, mit dem ersten schwarzen Präsidenten der Geschichte ins Weiße Haus einziehen. Das scheint klar. Schon am Dienstag, kurz bevor sich Obama die Kandidatur sicherte, gab sie zu: "Ich bin dafür offen." Auch ihre Gratulation-aber-nicht-Kapitulations-Rede nach den letzten Vorwahlen war ein eindeutiges Zeichen an Obama: "Ich bin sehr viel wert, du musst mir einiges bieten, um mich und meine Anhänger zu bekommen."
Am Samstag will Clinton offiziell aus dem Präsidentschaftsrennen aussteigen. Spätestens dann liegt der Ball in Obamas Feld. Wie und für wen wird er sich entscheiden? Und vor allem: Was macht er mit Hillary Clinton? Er selbst hat seine Ex-Konkurrentin zwar wiederholt ausdrücklich gelobt, sich bislang aber nicht eindeutig zu einer möglichen gemeinsamen Kandidatur geäußert.
Dabei hätte ein "Dream Ticket" viele Vorteile für Obama. Zunächst würde er mit Clinton als Partnerin seine Partei einen. Durch den langen und harten Wahlkampf sind die Demokraten tief zerstritten in ein Obama- und ein Clinton-Lager – ein gemeinsames Team würde viele Wunden schnell heilen, die gesamte Partei könnte sich in dem schweren Wahlkampf gegen den Republikaner John McCain hinter ihren Präsidentschaftskandidaten stellen.
Die Mitgift: Frauen und Arbeiter
Doch Hillary Clinton würde viel mehr in die politische Ehe mit Obama einbringen als nur den Rückhalt seiner Partei. Ihre wertvollste Mitgift ist ihre politische Erfahrung – die Obama nicht hat – und vor allem ihr überwältigender Rückhalt bei zwei entscheidenden Wählergruppen: den weiblichen Wählern, vor allem den älteren, und den Arbeitern, den sogenannten Blue-Collar-Wählern. 60, teilweise 70 Prozent der Stimmen aus diesen beiden Lagern bekam Clinton in manchen Vorwahlen. Und wenn er nicht ein Großteil dieser Hillary-Anhänger auf seine Seite ziehen kann, wird Obama im November nicht Präsident.
Präsidentin werden, das war eigentlich auch Hillary Clintons Ziel. Sie hat es nicht geschafft, nur hauchdünn unterlag sie Obama. Und genau dieser Umstand stellt auch das größte Problem für Obama dar, sollte er sich für sie als "Running mate" – so wird der Vizepräsidentschaftskandidat bezeichnet – entscheiden. Denn natürlich ist das Amt der – relativ machtlosen – Vizepräsidentin nicht der Lebenstraum dieser Frau, die schon mal acht Jahre als First Lady im Weißen Haus verbrachte und zu den ehrgeizigsten Politikerin der USA zählt. Sie wird sich nicht mit einer rein repräsentativen Rolle zufrieden geben. Zudem bringt Hillary Clinton mit Bill einen ehemaligen Präsidenten mit ins Weiße Haus, den Beobachter als "unkontrollierbare Rakete" bezeichnen. Zudem würde Obama mit diesen beiden Polit-Dinosauriern auch sein Wahlkampfmotto "change" ("Wechsel") infrage stellen.
Wie viel Kopfschmerz verursacht Clinton?
Das "Wall Street Journal" (WSJ) meint, Obama solle sich ernsthaft fragen, ob er den kurzfristigen Frieden mit der Partei wirklich den "unausbleiblichen Kopfschmerzen" vorziehen will, die ihm Hillary und Bill Clinton bereiten würden. Selbst einer von Hillary Clintons wichtigsten Unterstützern, Pennsylvanias Gouverneur Ed Rendell, warnt Obama vor den Clintons. Der bekannte Kommentator Robert Novak schreibt in der "Washington Post" von einem "sehr unwahrscheinlichen Dream Ticket", und das WSJ zitiert enge Berater von Obama, die genau diese Sicht bestätigen.
Also kein Traumpaar. Aber welche anderen Partner bieten sich Obama für die politische Reise ins Weiße Haus an? Um das herauszufinden, hat Obama nach seinem Sieg über Clinton ein dreiköpfiges "VP-Search-Team" ernannt, zu dem auch Caroline Kennedy gehört, die Tochter des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy.
Deren Aufgabe wird es vor allem sein, einen Mitstreiter zu suchen, der, so absurd es klingt, Hillary Clintons Qualitäten hat. Denn Obama hat große politische Schwächen. Kurz gesagt: Er ist jung, unerfahren, gilt vielen als elitär und als zu linksgerichtet und ist ein außenpolitisches Leichtgewicht. Um gegen einen äußerst erfahrenen Haudegen wie den Republikaner John McCain im Wahlkampf bestehen zu können, braucht er also jemanden an seiner Seite, der möglichst viele dieser Schwächen ausgleichen kann. Diese Person sollte idealerweise über politische Führungserfahrung, etwa als Gouverneur eines Staates, verfügen. So wie der ehemalige Präsidentschaftskandidat Bill Richardson aus New Mexiko oder der vorher genannte Ed Rendell. Gleichzeitig braucht Obama aber unbedingt auch jemanden, der glaubwürdig außenpolitische Positionen vertreten kann. Hier werden oft die ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden oder Chris Dodd genannt, zwei altgediente Senatoren mit unumstrittener außenpolitischer Glaubwürdigkeit.
Obama braucht eine Frau
Aber diese beiden alten Haudegen würden, ähnlich wie Hillary Clinton, Obamas Wahlversprechen des politischen Wandels unglaubwürdig erscheinen lassen. Auch muss Obama darauf achten, die Hillary-Fans einzusammeln. Also sollte er einen Partner finden, der bei den Arbeitern und Frauen punkten kann. Für die Blue-Collar-Wähler wäre ein Mann wie John Edwards erste Wahl, der vielen als Kämpfer für die Armen und Entrechteten gilt. Allerdings raten zahlreiche politische Beobachter Obama zu einer Frau als "Running Mate", zu einer Vizepräsidentschaftskandidatin. Hierfür gelten die beiden Gouverneurinnen aus Kansas und Arizona, Kathleen Sebelieus und Janet Napolitano, als beste Wahl. Aber auch mit einer dieser beiden an seiner Seite hätte Obama gleich ein Problem, meint der demokratische Medienberater Peter Fenn. Denn jeder würde sich fragen: "Warum hast du nicht Hillary genommen?"
Kurzum: Obama wird es nicht allen recht machen können, denn er braucht die eierlegende Wollmilchsau der Politik. Entsprechend schreibt das Insidermagazin "Politico": "Die Wahl eines Vizepräsidenten macht fast keinen Unterschied für die Präsidentschaftswahl. Die beiden Kandidaten sollten jemanden nehmen, der ein oder zwei Prozentpunkte in den "swing states" bringen kann und mit dem er loyal und angenehm zusammenarbeiten kann."