Vier Tage vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit scheint eine Einigung im US-Schuldenstreit immer unwahrscheinlicher. Am Donnerstagabend mussten die Republikaner eine Abstimmung über eine Erhöhung des Schuldenlimits im Abgeordnetenhaus vertagen. Grund war interner Streit zwischen Gemäßigten und Radikalen im Oppositionslager. Trotz zahlloser Einzelgespräche war es dem republikanischen Mehrheitsführers John Boehner nicht gelungen, Vertreter der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung von ihrer Fundamentalblockade abzubringen.
Damit fehlt Boehner die notwendige Mehrheit für sein Paket. Am späten Abend gestand Kevin McCarthy vom Fraktionsvorstand das Scheitern der Bemühungen ein. Am Freitagmorgen wollen die Republikaner einen neuen Anlauf nehmen, sich intern zu einigen. Falls es bis zum 2. August keine Einigung gibt, droht die Zahlungsunfähigkeit der USA - mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft.
Wahlkampf wichtiger als Zahlungsfähigkeit?
Allerdings war Boehners Vorschlag ohnehin keine große Chance eingeräumt worden, den Kongress als Ganzes zu passieren: So hatte Präsident Barack Obama bereits ein Veto gegen das Gesetz angekündigt, weil es sich lediglich um eine kurzfristige Lösung handele und das Schuldenlimit im Wahljahr 2012 erneut heraufgesetzt werden müsste. Eine solche Diskussion will Obama aber im Wahljahr unbedingt vermeiden.
Trotz der anhaltenden Blockade zeigt sich das Weiße Haus zuversichtlich, dass es in letzter Minute doch noch einen Deal geben könnte. "Wir bleiben weiter optimistisch, dass der Kongress zur Vernunft kommt, dass kühlere Köpfe die Oberhand gewinnen und dass sich ein Kompromiss durchsetzen wird", meinte Regierungssprecher Jay Carney. Unter einem Scheitern würden alle Amerikaner leiden.
"Folgen der Tatenlosigkeit wären gravierend"
Unterdessen riefen US-Topbanker Obama und den Kongress auf, sich endlich zu einigen. In drastischen Worten warnten sie vor den Konsequenzen, sollten die USA keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen und damit zahlungsunfähig werden. "Die Folgen der Tatenlosigkeit wären gravierend - für unsere Wirtschaft, für unseren ohnehin schwächelnden Arbeitsmarkt, für die finanziellen Verhältnisse unserer Firmen und Familien und für Amerikas wirtschaftliche Führungsrolle in der Welt", schrieben die Chefs von Goldman Sachs, JPMorgan Chase, der Citigroup, der Bank of America und von zehn weiteren US-Finanzkonzernen.