Als erste große christliche Religionsgemeinschaft hat die anglikanische Kirche einen sich offen zu seiner Homosexualität bekennenden Priester zum Bischof geweiht. Begleitet von Protesten konservativer Geistlicher wurde am Sonntag der 56 Jahre alte Gene Robinson in das Amt eines Bischofs der Episkopalkirche im US-Staat New Hampshire eingeführt. Die Kirche ist Teil der 77 Millionen Mitglieder zählenden anglikanischen Weltkirche, die jetzt offenbar vor einer Spaltung steht.
Emotionale Zeremonie
Der Konflikt um den Umgang mit der Homosexualität trat auch während der dreistündigen, sehr emotionalen Zeremonie offen zu Tage, zu der rund 4.000 Menschen in eine Sportarena der Universität von New Hampshire gekommen waren. Stellvertretend für 38 Bischöfe der Episkopalkirche und der anglikanischen Kirche von Kanada sprachen sich zwei anwesende Geistliche gegen die Bischofsweihe aus. Robinsons Lebensstil sei "nicht mit der heiligen Schrift und den Lehren dieser Kirche vereinbar", erklärte David Bena, der eine vorbereitete Erklärung verlas. Er spreche auch für viele anglikanische Bischöfe, die Robinson nicht als Bischof anerkennen würden. Zuvor hatte der die Feier leitende Bischof Frank Griswold die traditionelle Frage gestellt, ob etwas dagegen spreche, mit der Zeremonie fortzufahren.
Robinson, dem mindestens 40 weitere Bischöfe zur Amtseinführung die Hände aufgelegt hatten, dankte dem Bistum New Hampshire für seine Ernennung und sagte, er reiche all jenen die Hände, die am Rande der Gesellschaft stünden, wie dies auch Jesus getan habe. Und an die konservativen Geistlichen gewandt fügte er unter Bezug auf die offenbar bevorstehende Spaltung hinzu, diejenigen, die jetzt die Kirche verlassen wollten, sollten wissen, "dass sie jederzeit wieder willkommen sind". Der Episkopalkirche in den USA gehören etwa 2,3 Millionen Menschen an.
Spaltungen überbrücken
Das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, erklärte am frühen Montag in einer ersten Reaktion, die durch Robinsons Ernennung entstandenen Zerwürfnisse seien "Anlass zu großem Bedauern". Williams steht persönlich der Homosexuellenbewegung positiv gegenüber und versucht, die Spaltungen innerhalb der anglikanischen Kirche zu überbrücken. Die Möglichkeiten zu Disziplinarmaßnahmen besitzt er nicht.
Protest kam aus vielen anglikanischen Kirchen. So warnte der lateinamerikanische Erzbischof Gregory Venables vor einer Spaltung der Kirche, die zerstörerisch sein würde. Auch der konservative Erzbischof von Sydney, Peter Jensen, nannte Robinson einen entzweienden Bischof, der gegen eine starke Opposition durchgesetzt worden sei. Auch viele afrikanische Bischöfe hätten ihm gesagt, dass die Bischofsweihe für sie sehr peinlich sei.
Seit 14 jahren lebt er offen
In der Vergangenheit gab es zwar schon viele homosexuelle Bischöfe. Ihre sexuelle Neigung war aber immer geheim gehalten worden. Robinson lebt schon 14 Jahre offen mit seinem Lebenspartner zusammen.
Vor dem Gebäude protestierten Gegner und Anhänger des neuen Bischofs. Die beiden Gruppen wurden von der Polizei getrennt gehalten.