Sie verbreiten Angst und Schrecken - die Internet-Videos, in denen der Islamische Staat (IS) seine immens brutalen Hinrichtungen inszeniert. Unfassbar schon für nicht direkt Betroffene, schier unerträglich für Verwandte und Freunde der Getöteten. Dem Iraker Basil Ramadan gefror das Blut in den Adern, als er in einem Video sah, wie sein Sohn Ahmed als Geisel von IS-Kämpfern hingerichtet wurde. Doch anders als viele andere reagierte er nicht verängstigt. Er sann auf Rache - und sollte es das Letzte sein, was er tut.
Ramadans Sohn Ahmed war auf einer gefährlichen Mission. Im Auftrag der irakischen Regierung, so berichten internationale Medien, sollte der 18-Jährige die Sicherheitskräfte des IS infiltrieren. Doch er flog auf - und die Dschihadisten beschlossen, ein Exempel an dem irakischen Undercover-Agenten zu statuieren. Was dann folgte, hat man so oder noch weit brutaler in jüngster Vergangenheit schon zu oft gesehen.
IS-Checkpoint gestürmt
Der IS steckte Ahmed in einen jener orangefarbenen Overalls, die die Geiseln der Islamisten bei demonstrativen Hinrichtungen tragen müssen - in Anlehnung an die Kleidung, die die Gefangenen im berüchtigten US-Camp Guantanamo Bay tragen. Ahmed war einer von acht Männern, die in dem Video zu sehen waren. Hinter jeder der knieenden Geiseln stand ein schwarz gewandeter IS-Kämpfer. Die Milizionäre setzen ihre Pistolen auf den Nacken ihrer jeweiligen Geisel und drückten ab. Die Namen der Getöteten wurden in dem Video, das von der Hinrichtung verbreitet wurde, aufgeführt.
Als Basil Ramadan sah, wie sein Sohn starb, nahm ein Gedanke Besitz von ihm. Er würde seinen Sohn rächen, koste es, was es wolle. Denn schon einmal hatte er diesen Schmerz gefühlt - als sieben Jahre zuvor Al-Kaida-Milizen einen anderen Sohn getötet hatten. Ramadan, wie es heißt ein Mann in seinen Sechzigern, fasste keinen ausgeklügelten Plan. Im Gegenteil: Er besorgte sich ein AK-47-Sturmgewehr, eine Kalaschnikow. Mit der Waffe in der Hand stürmte er einen IS-Kontrollposten in Tikrit, einer 160 Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegenen irakischen Stadt. Sieben IS-Kämpfer tötete der verzweifelte Vater, ehe er selber niedergestreckt wurde.
Giftattacken belegen Verachtung für IS
Berichte über den nicht näher datierten Vorfall wurden zunächst in lokalen Medien veröffentlicht, ehe sie weltweit verbreitet wurden. Fälle wie dieser, in denen sich Einzelne gegen die Schreckensherrschaft des IS auflehen, werden immer wieder berichtet. Bekannt wurde im vergangenen Jahr vor allem der Fall der Kurdin Arin Mirkan, die sich in der umkämpften Stadt Kobane selbst in die Luft sprengte und so zahlreiche IS-Kämpfer mit in den Tod riss - angeblich die erste kurdische Selbstmord-Attacke gegen den IS.
Bemerkenswert auch ein Vorfall vom vergangenen November, als Mitglieder der oppositionellen Freien Syrischen Armee undercover als Köche in einem IS-Camp anheuerten und das Essen vergifteten. Mindestens zwölf IS-Kämpfer starben. Bei einem ähnlichen Vorfall mischte ein Iraker Gift in den Tee, der IS-Mitgliedern serviert wurde.
Gerade diese Episoden werfen ein Licht darauf, wie groß die Verachtung für den Islamischen Staat unter den Menschen in den besetzten Regionen ist. Denn jemanden zu vergiften, gilt als ein Akt größter Respektlosigkeit - sogar in Zeiten des Krieges.