Nach der Einnahme der irakischen Ölstadt Kirkuk sind erste amerikanische und kurdische Einheiten nach US-Angaben in der Nacht in Mosul einmarschiert. Nach unbestätigten Berichten ergeben sich die irakischen Verteidiger kampflos. Der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte zuvor erklärt, er rechne mit einer schnellen Einnahme der drittgrößten Stadt des Landes. Es gebe offenbar keinen großen Widerstand seitens der irakischen Soldaten. Geplant waren Verhandlungen mit Vertretern aus Mossul über eine Kapitulation. Nach Angaben der kurdischen Militärführung boten die verbliebenen Truppen des irakischen Staatschefs Saddam Hussein an, sich zu ergeben, wenn sie dafür in den Genuss einer Amnestie kämen und die Bombenangriffe aufhörten.
Der Kommandeur einer US-Sondereinheit im Raum Dohuk, Oberstleutnant Robert Waltemeyer, sagte, er sei bereit, sich mit den Verantwortlichen zu treffen, um Sicherheitszonen in der größten Stadt in Nordirak einzurichten. Es werde alles getan, um die Bedingungen für eine politische Lösung in Mossul zu schaffen. Der Kommandeur der kurdischen Truppen, General Babakir Zebari, sagte, eine Liste mit den Namen der um Amnestie Bittenden werde an das US-Oberkommando Mitte gesandt, um deren Identität zu klären.
USA bombardieren Residenz von Saddam-Berater
Nach dem Fall von Bagdad nehmen die US-Truppen im Irak die noch verbliebenen Stützpunkte des Saddam-Regimes ins Visier. Die US-Luftwaffe bombardierte in der Nacht die Residenz eines wichtigen Vertrauten von Saddam Hussein im Zentral-Irak. Auf die Residenz von Barsan Ibrahim el Tikriti, Halbbruder und Präsidentenberater von Saddam Hussein, seien sechs Präzisionsbomben abgeworfen worden, teilte das US-Zentralkommando in Katar mit. Die Ergebnisse des Angriffs in Ar Ramadi, rund 80 Kilometer westlich von Bagdad, würden noch untersucht, hieß es weiter.
Die Londoner Organisation Indict, die mit Unterstützung der US-Regierung Daten über Menschenrechtsverbrechen des irakischen Regimes sammelt, macht Ibrahim el Tikriti für den Mord an mehreren tausend Menschen verantwortlich. Als Chef des irakischen Geheimdienstes (1979-83) habe er persönlich an Folterungen und Hinrichtungen teilgenommen.
In Bagdad stoßen die alliierten Kräfte weiterhin vereinzelt auf Widerstand. Bei einem mutmaßlichen Selbstmordangriff auf einen Kontrollpunkt kamen nach Angaben des britischen Senders BBC am Vortag mindesten vier US Soldaten ums Leben.
Kurden-Kommandeur kündigt baldigen Abzug aus Kirkuk an
Unterdessen haben die mit den US-Streitkräften im Nordirak kämpfenden kurdischen Einheiten angekündigt, die von ihnen besetzte Ölförderstadt Kirkuk bald zu räumen.
Ein kurdischer Befehlshaber sagte: "Ja, wir denken, dass wir abrücken, wenn die Amerikaner kommen, und das kann gut noch heute passieren." In der Stadt selbst war es am Freitag ruhig, nachdem am Vortag die Bevölkerung ihre Befreiung gefeiert hatte. Vor der Stadtverwaltung parkten fünf Busse. Kurdische Kämpfer sagten, sie würden wohl noch im Laufe des Tages in ihre Ausgangsstellungen zurückkehren.
Die Türkei hatte zuvor auf einen Abzug gedrungen. Die Regierung in Ankara befürchtet, dass ein Erstarken der Kurden im Nordirak auch separatistischen Bestrebungen der Kurden im Südosten der Türkei wieder Auftrieb geben könnte. Eine dauerhafte Präsenz kurdischer Kämpfer in der Stadt sei für die Türkei inakzeptabel, hatte ein Regierungssprecher am Donnerstag gewarnt.