Seit Hunderten von Jahren ist China das bevölkerungsreichste Land der Erde. Nun soll es demnächst von Indien überholt werden, sagt ein Bericht der Vereinten Nationen voraus. Der Wechsel könnte weitreichende Folgen in der politischen und ökonomischen Landschaft mit sich bringen.
Innerhalb der nächsten drei Monate soll Indien China überholen, berichtet "Yahoo News". Der Abstand hat sich in den letzten Jahren konstant verringert. Chinas Bevölkerung wird auf knapp 1,45 Milliarden Menschen geschätzt, die von Indien liegt mit 1,41 Milliarden nur noch knapp dahinter.
Junges Indien
Dass Indien bald größer als China sein wird, liegt an der deutlich höheren Geburtenrate: Während Frauen in China im Durchschnitt nur 1,2 Kinder zur Welt bringen, sind es in Indien mit 2,05 nahezu doppelt so viele. Zudem ist die Bevölkerung des südasiatischen Landes erheblich jünger: Knapp ein Viertel der Inder:innen ist jünger als 15 Jahre, fast die Hälfte jünger als 25 Jahre. In China ist die Lage eine völlig andere: Dort machen Menschen unter 25 Jahren nur weniger als ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus.
Der Wechsel ist auch Folge der chinesischen Politik. Um das Bevölkerungswachstum in den Griff zu bekommen, hatte die chinesische Regierung bereits ab den Sechzigerjahren versucht, die Anzahl der Kinder pro Familie zu begrenzen. Ab den Achzigerjahren fanden diese Bemühungen in der sogenannten Ein-Kind-Politik ihren Höhepunkt. Eine Lockerung der Regel aus Angst vor einer Überalterung der Gesellschaft hat in den letzten Jahren allerdings kaum gefruchtet. Obwohl seit 2021 sogar drei Kinder pro Familie erlaubt sind, ziehen die Geburtenraten kaum an.
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Folgenreicher Wandel
Auf Dauer dürfte der Wechsel weitreichende Folgen haben. "Die Wirtschaft Indiens ist nach allgemeiner Erwartung erst bei einem Bruchteil ihres künftigen Potenzials", sagte etwa der Wissenschaftler Audrey Truschke gegenüber "Yahoo News". Durch die junge Bevölkerungsstruktur habe der Staat viel Raum für wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung. Nach Hochrechnungen soll Indien spätestens 2050 mehr als eine Milliarde Einwohner im Arbeitsalter haben, berichtete "Quartz" bereits 2016. China dagegen dürfte bis dahin zunehmend mit den Folgen der überalternden Gesellschaft zu kämpfen haben.
Weiter im selben Maße explodieren wird Indiens Bevölkerung auf Dauer aber wohl ebenfalls nicht. Nachdem die Geburtenrate in 1993 noch bei 3,2 Kindern pro Frau gelegen hatte, hat sie sich seitdem konstant verringert. Auch das Bevölkerungswachstum ist von durchschnittlich jährlich 1,7 Prozent im Jahrzehnt bis 2011 auf nur noch 1,2 Prozent pro Jahr in der Dekade bis 2021 verringert. Ein Problem für Indien ist die Verteilung dieses Wachstums: Im nationalen Vergleich wachsen die ärmeren Regionen wie der Norden Indiens aktuell noch stärker als die wirtschaftlich besser gestellten Regionen des Landes.
Quelle: UN-Report, Yahoo News