Wahlkampf in Israel Die Agentin, Bibi und Co.

Von Sabine Brandes
Es ist eine illustre Riege, die derzeit um den Posten des israelischen Ministerpräsidenten kämpft: Ein ehemaliger Kibbutznik, einer mit Spitznamen Bibi, ein iranischer Jude, der den Iran bekämpfen will und eine Schlagzeug spielende Ex-Agentin.

Als der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert wegen der Korruptionsaffäre um seine Person erklärte, er wolle zurücktreten, begann die Jagd. Seit Wochen hetzen sie von einem Termin zum nächsten, die Wählerstimmen fest im Visier: Die Außenministerin Zipi Livni, ihr Kollege im Transportressort, Shaul Mofaz, Verteidigungsminister Ehud Barak sowie Likudchef und Oppositionsführer Benjamin Netanjahu.

"Ein wundervolles Land" heißt das israelische Pendant zur bitterbösen britischen Satiresendung "Spitting Image". Doch schon der Titel ist purer Spott. Wer auch immer von den Machern durch den Kakao gezogen wird, er muss ein ausgesprochen dickes Fell haben. Die Persiflierten nehmen es in Kauf, gilt es doch fast als medialer Ritterschlag, in "Eretz nehederet", wie die Sendung in Landessprache heißt, verulkt zu werden.

Zipi-Livni, die Mossad-Agentin

Vorzugsweise parodieren die Komiker heimische Politiker. Jede noch so kleine Eigenart wird gnadenlos ins Rampenlicht gezerrt. Vor nicht allzu langer Zeit war Zipi Livni, Außenministerin und designierte Kadima-Vorsitzende, an der Reihe. Sie wurde als Mannweib dargestellt, deren Worte und Bewegungen nur dann nicht in Zeitlupe ablaufen, wenn sie am Schlagzeug (das Hobby der Politikerin) sitzt.

So langsam aber kann die einstige Mossad-Agentin nicht sein, in der Politik gilt sie als Senkrechtstarterin. Experten gehen davon aus, dass Livni die Wahl ihrer Partei Kadima im September klar gewinnen wird. Schafft sie es, eine Regierung auf die Beine zu stellen, wird sie Ministerpräsidentin. Zumindest bis zu den allgemeinen Wahlen im März 2009. Und dann wartet schon die Konkurrenz.

Ehud Barak, der Kriegsheld

Auch Ehud Barak, Verteidigungsminister und Chef der Arbeitspartei, ist Dauergast bei "Eretz nehederet". Nach der Trennung von seiner Ehefrau war er eine Weile Single und damit offenbar perfekter Satirestoff. Wochenlang tanzte er im Glitzerblouson über die Studiobühne. Im wirklichen Leben ist er nicht nur ehemaliger Ministerpräsident und der höchst dekorierte Soldat seines Landes, sondern auch Vater von drei Kindern, erfolgreicher Geschäftsmann und zum zweiten Mal verheiratet. Während seiner 36 Jahre in der israelischen Armee erhielt er fünf Auszeichnungen für besonderen Mut und herausragendes Verhalten im Kampf. Als junger Mann führte er ein israelisches Kommando gegen eine Terroristenzelle in Beirut an - in Frauenkleidern und High Heels.

Baraks Wurzeln liegen im Kibbutz, der sozialistischen Siedlungskooperative, der sich vor und nach Staatsgründung vor allem Juden aus europäischen Ländern anschlossen. Traditionell sind die Israelis aus den Kibbutzim Anhänger linksgerichteter Parteien, vornehmlich der Arbeitspartei. Die war es auch, die Barak 1995 von der geschäftlichen auf die politische Bühne holte. Kein geringerer als der einstige Premier Yitzhak Rabin wollte ihn in seiner Regierung als Innenminister. Nach der Ermordung seines Mentors war er zunächst einfacher Knessetabgeordneter, zwei Jahre darauf führte er mit der Arbeitspartei die Opposition an.

Auf den Wohlstand folgt das Comeback

Als Ministerpräsident zog sich Barak 2000 aus dem Libanon zurück und beendete damit eine 18-jährige Militärpräsenz. Im selben Jahr machte er die Devise "Land für Frieden" wahr und bot Palästinenserführer Yassir Arafat mehr an, als manchem Israeli lieb war. Arafats Ablehnung des Deals und die bröckelnde Zustimmung im eigenen Volk jedoch brachen ihm 2001 das politische Genick. Statt Barak war nun der konservative Ariel Sharon Chef. Niederlagen sind Baraks Stärke nicht: Er zog er sich aus allen Ämter zurück und widmete sich einer anderen Karriere. Mit abgeschlossenen Hochschulstudien in Mathematik, Physik und Wirtschaft war er für das Geschäftsleben bestens gerüstet. Als Berater für hochkarätige Firmen im In- und Ausland wurde er reich.

Doch das politische Ego von Barak, der oft als Napoleon bezeichnet wird, schrie nach Futter. Im November 2004 gab er seine Rückkehr in die Politik bekannt und machte sich daran, das Amt des Parteivorsitzenden erneut einzunehmen. Nach dem miserablen Führungsstil des damaligen Verteidigungsministers Amir Peretz im Libanonkrieg wurde laut nach einem mit militärischer Erfahrung gerufen. Wenn Barak eins hat, dann das. Er gewann die Wahlen zum Parteivorsitzenden und hatte kurz darauf das Amt des Verteidigungsministers in Olmerts Regierungskoalition inne. Jetzt möchte Barak noch einmal das Landeszepter schwingen. Ob es die Israelis auch wollen, ist fraglich. In Umfragen steht er stets an dritter Stelle hinter Livni und Netanjahu.

Benjamin Netanjahu, der polarisierende

Und auch er will es noch einmal versuchen. Geboren 1949 in Tel Aviv wird Benjamin Netanjahu von Freund und Feind gleichermaßen Bibi genannt. Derzeit wechseln sich Livni und er regelmäßig in der Favoritenrolle um den Posten des Premiers ab. Netanjahu ist ein erfahrener Politiker und gleichzeitig eine der kontroversesten Persönlichkeiten in der Geschichte des Landes. 1996 war er der jüngste Ministerpräsident und führte seine Partei, den mitte-rechtsgerichteten Likudblock, an.

Es ist eine Art Hassliebe zwischen Netanjahu und den Israelis. Bewundert wie verachtet wird er für sein stets professionelles Auftreten. Der Mann, der in den USA aufwuchs und nach einer Militärzeit in Israel dort auch studierte, weiß sich perfekt auf dem politischen Parkett zu bewegen und die Medien für sich zu nutzen. Doch in dem Land, in dem Krawatten noch immer als Zeichen für elitäre Arroganz stehen, kommt das nicht immer gut an. Netanjahus Führung war kurz aber dramatisch: Am rechten Rand seiner Partei angesiedelt verkündete er, er werde niemals Teile des Landes abgeben. In seiner Amtszeit indes tat er unter amerikanischem Druck genau das: Als Teil des Oslo-Abkommens übertrug der den Palästinensern erst die Kontrolle der Stadt Hebron und später 13 Prozent des gesamten Jordanvorlandes.

Netanjahu wurde als erster israelischer Staatschef von der Polizei verhört. Von Bestechung, Betrug und Veruntreuung war die Rede. Auch Bibis Ehefrau Sara erlangte zweifelhafte Berühmtheit mit ausufernden Friseurrechnungen und anderen Luxusausgaben auf Kosten der Steuerzahler. Diese Vorwürfe waren nicht der Grund für Netanjahus Scheitern, ohnehin wurde nie ein Verfahren eingeleitet. Den Rechten in seiner Regierung war er in Sachen Konzessionen an Arafat viel zu weit gegangen. Sie entzogen ihm das Vertrauen. Erst im Dezember 2005 hatte er sich politisch soweit berappelt, dass er den Vorsitz des Likud zurück gewann.

Shaul Mofaz, Kandidat mit iranischen Wurzeln

Barak, Netanjahu, Livni spielen die Hauptrollen im Kampf um die Spitze Israels. Nicht mehr als eine Nebenrolle hat Shaul Mofaz. Er will mitmischen, doch ist seine Linie eher schwammig. Gegenüber der iranischen Führung will der Mann, dessen Eltern aus dem Iran stammen, Härte zeigen und drängt sich mit Slogans wie: "Jerusalem wird für immer und ewig die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben" auf.

Andererseits wirbt er für Frieden mit Syrien. Was er auch meint, der Transportminister will seine Konkurrentin Livni in den parteiinternen Wahlen schlagen. Doch es sieht nicht gut aus, neueste Umfragen ergaben, dass Kadima unter ihm in den allgemeinen Wahlen weit hinter dem Likud abschneiden würde. Und nur mit Livni eine echte Chance auf den Sieg besteht.