Das Weiße Haus hat nach Angaben eines ranghohen Mitarbeiters des US-Heimatschutzministeriums darauf gedrungen, bei der Bewertung von Risiken für die US-Präsidentenwahl am 3. November russische Einmischung zu unterschlagen. Stattdessen sollte in Analysen des Ministeriums über entsprechende Aktivitäten Chinas und des Irans berichtet werden, schrieb der frühere Chef der Analyseabteilung, Brian Murphy, in einer am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Whistleblower-Beschwerde.
Eine entsprechende Anweisung habe ihm Mitte Mai der amtierende Heimatschutzminister Chad Wolf überbracht, erklärte Murphy. Sie sei nach Wolfs Worten von Robert O'Brien gekommen, dem Präsident Donald Trump unterstellten Berater für Nationale Sicherheit. Im Juli sei er dann von Wolf angewiesen worden, Geheimdienstinformationen über russische Desinformations-Kampagnen zurückzuhalten – weil die "den Präsidenten schlecht aussehen" ließen.
Berichte sollten laut Murphy zu Trump-Aussagen passen
Murphy schrieb auch, dass bei der Bewertung inländischer Gefahren ursprünglich die Bedrohung durch Gruppen rassistischer Weißer im Mittelpunkt gestanden habe. Er sei angewiesen worden, stattdessen den Schwerpunkt auf gewalttätige Linke zu lenken. Speziell sei es darum gegangen, entgegen den von seiner Abteilung gesammelten Informationen die lose Antifa-Bewegung und "Anarchisten"-Gruppen hervorzuheben, damit die Bewertungen zu Äußerungen von Trump passten. Der Präsident hatte in den vergangenen Wochen immer wieder von Antifa und Anarchisten als Bedrohung gesprochen.
Murphy weigerte sich nach eigener Darstellung, die Änderungen vorzunehmen und wurde versetzt. Seine offizielle Whistleblower-Beschwerde, die er im Rahmen des für solche Anliegen vorgesehenen, offiziellen Prozederes eingereicht hatte, veröffentlichte der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Ein Sprecher des Heimatschutzministeriums wies die Vorwürfe am Mittwoch ohne nähere Erläuterungen zurück.
Nach Informationen der US-Geheimdienste hatte sich Russland bereits 2016 massiv in den Wahlkampf eingemischt – vor allem durch Hackerangriffe und Verbreitung manipulativer Botschaften in den Onlinenetzwerken. Diese mutmaßlichen russischen Interventionen richteten sich demnach unter anderem gegen die damalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton von der Demokratischen Partei, die Trump bei der Wahl überraschend unterlag.
Später bestätigte der Sonderermittler Robert Mueller nach einer fast zweijährigen Untersuchung die russischen Wahlinterventionen zugunsten Trumps. Hinreichende Belege für illegale Absprachen zwischen dem Trump-Team und Moskau über diese Einmischungen fand er jedoch nicht.
Trump wird von Kritikern vorgeworfen, eine zu freundliche Politik gegenüber Moskau zu betreiben. In den Umfragen zur Präsidentschaftswahl am 3. November liegt er seit Monaten hinter seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden zurück.