Der Wiederaufbau des Irak nach dem Krieg wird nach Einschätzung von Experten die teuerste Hilfsaktion seit dem Marshall-Plan für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und den USA zu seiner Finanzierung lösen bei Experten allerdings Zweifel aus, ob das Geld dafür überhaupt zusammenkommt. Klar ist nach ihrer Einschätzung, dass der Wiederaufbau des Landes mit den zweitgrößten Ölreserven der Welt nicht allein durch den Verkauf des wertvollen Rohstoffs finanziert werden kann. Der Irak ist hoch verschuldet und die Infrastruktur seiner Ölindustrie weitgehend desolat.
100 Milliarden für Wiederaufbau
Analysten zufolge können die Kosten für den Wiederaufbau des Landes einen Betrag von rund 100 Milliarden Dollar erreichen. Das ist so viel, wie in den 90 Jahren insgesamt im Anschluss an Konflikte in 36 Staaten bezahlt wurde. Den Hauptteil dieser Kosten werden nach Einschätzung von Experten die USA tragen. Mitarbeiter des Finanzministeriums hätten aber bislang noch keine Angaben zu einer möglichen Finanzierung gemacht, hieß es. Man diskutiere derzeit noch über mögliche Lösungen.
Geld aus Ölförderung reicht nicht aus
Selbst wenn sich die Befürchtungen, dass der Irak im Falle eines Krieges seine Ölinfrastruktur zerstören werde, nicht bewahrheitet hätten, werde der Wiederaufbau nicht allein mit Öl finanziert werden können, sagten die Experten weiter. Dazu sei das Land bereits vor dem Krieg zu stark geschwächt und auch zu hoch verschuldet gewesen. Außerdem habe die irakische Ölförderung unter jahrzehntelangem Missmanagement ebenso gelitten wie unter den Sanktionen der Vereinten Nationen (UNO) in den vergangenen Jahren.
Auch wenn in einem positiven Szenario von Ölexporten im Wert von zehn bis zwölf Milliarden Dollar pro Jahr auszugehen sei, wäre dies nicht genug Geld, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und die Schuldenlast abzubauen. Analysten der American Academy of Arts and Sciences haben errechnet, dass allein die Schuldenzahlungen des Irak in den ersten fünf Jahren nach dem Krieg 1,6 Milliarden Dollar jährlich betragen werden. Dieser Betrag werde sich später auf jährlich 4,8 Milliarden Euro steigern. Die Reparatur bestehender Ölfördereinrichtungen werde fünf Milliarden Dollar kosten, der Versuch, die Elektrizitätsversorgung wieder auf den Stand von vor 1990 zu bringen, 20 Milliarden Dollar.
Kapital aus anderen Golf-Staaten
Neben Kapital aus den USA, Europa und Asien könnten sich auch die umliegenden Golf-Staaten am Wiederaufbau beteiligen. Investitionen im Irak könnten unter anderem aus strategischen und politischen Gründen erfolgen. „Wenn es einen akzeptablen Regierungswechsel in Bagdad gibt, wird das an Bedeutung gewinnen“, sagte ein Banker in Bahrain. Ein stabiler irak sei wichtig für die Nachbarstaaten. „Außerdem fühlen sie sich schuldig an dem, was dem irakischen Volk geschieht“, sagte der Banker.
Skeptisch sind Analysten zunächst hinsichtlich dem Engagement privaten Kapitals im Irak. Der einzige Weg, den privaten Sektor zu einem Engagement zu bewegen, wäre nach den Worten eines Analysten, das Risiko extrem hoch zu versichern. Das Geld dafür müsste dann an den Anleihemärkten aufgenommen werden.