Israel und die Palästinenser reden endlich wieder miteinander. Dies ist das wichtigste Ergebnis des ersten direkten Treffens von Unterhändlern beider Seiten seit mehr als 15 Monaten. In der Substanz gab es zwar keinen Durchbruch, aber schon von nächster Woche an sollen regelmäßige Treffen in Amman beginnen. "Man kann es schon als eine Art von Verhandlungen betrachten", sagte ein Kommentator des israelischen Fernsehens zu der geplanten Serie von Gesprächen in Jordanien, dem Schirmherr der neuen Nahost-Bemühungen.
Nur ein Teil der Gespräche solle offen abgehalten werden und der Rest geheim bleiben, sagte der jordanische Außenminister Nasser Dschude. Dies würde es den Palästinensern erlauben, faktisch mit Israel zu verhandeln, ohne das Gesicht zu verlieren. Denn die Bedingungen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch hat Israel bisher nicht erfüllt: Einen neuen Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten sowie die Anerkennung der Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 als Gesprächsbasis.
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat hat seinem israelischen Kollegen Izchak Molcho in Amman einen Entwurf für den künftigen Grenzverlauf sowie für Sicherheitsregelungen vorgelegt. Damit haben die Palästinenser die Forderung des Nahost-Quartetts aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, Russland und USA erfüllt und Israel unter Zugzwang gesetzt. Die Palästinenser schlagen eine Teilung des historischen Palästina entlang der Grenzen von 1967 mit gegenseitig vereinbartem Gebietstausch vor.
Hoffnung auf direkte Gespräche zwischen Abbas und Netanjahu
Molcho hat nach Medienberichten seinerseits israelische Forderungen in der Frage der Sicherheit sowie die "roten Linien" des jüdischen Staats vorgestellt, aber noch keine Vorschläge zu künftigen Grenzen. Israel wolle in Kürze ebenfalls einen entsprechenden Entwurf vorlegen, sagte Dschude. Damit müsste es offenlegen, welche Siedlungen es künftig behalten will und welche es im Rahmen einer Friedensregelung räumen würde.
Molcho sagte nach Angaben der israelischen Zeitung "Jediot Achronot", man strebe möglichst bald direkte Gespräche zwischen Abbas und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu an. Dazu dürfte die Palästinenserführung aber nur bereit sein, sollten sich bei den Vorgesprächen in Amman echte Fortschritte abzeichnen.
Abbas will den Kontakten mit Israel nach palästinensischen Angaben bis zum 26. Januar eine Chance geben. Dann läuft die Frist aus, die das Nahost-Quartett beiden Seiten für die Vorlegung ihrer Entwürfe in der Grenz- und Sicherheitsfrage gestellt hat. Falls die Gespräche mit Israel nicht fruchten, planen die Palästinenser nach israelischen Informationen eine neue "diplomatische Offensive" auf der internationalen Bühne.
Hamas nennt Gespräche "Farce" und Zeitverschwendung
Die Führung der im Gazastreifen herrschenden Hamas hat zugestimmt, grundlegende Entscheidungen bei den Verhandlungen um eine innerpalästinensische Versöhnung bis nach dem 26. Januar aufzuschieben. Die radikalislamische Organisation hat die neuen Gespräche mit Israel allerdings scharf kritisiert und als "Farce, Komödie und Zeitverschwendung" verurteilt. Die Kontakte mit Israel "widersprechen den Hoffnungen und Bestrebungen unseres Volkes", sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum.
Auch der palästinensische Kommentator Hani Masri bezeichnete das Treffen in Amman als "politischen Fehler" von Abbas. Er sei von seinen klaren Forderungen abgewichen und erlaube es damit Israel, die Siedlungen weiter auszubauen. "Es ist kein guter Schritt, weil Israel die Verhandlungen dazu missbraucht, neue Realitäten in Palästina zu schaffen, die jede Möglichkeit zur Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates verhindern."