50 Jahre BND Gespielte Harmonie

Der Bundesnachrichtendienst ist 50 Jahre alt geworden. Bei den Feierlichkeiten gaben sich sowohl Kanzlerin als auch Opposition harmonisch. Doch unter der Oberfläche brodeln die Fragen nach Umzug und Untersuchungsausschuss.

Ein kontrastreicher Donnerstag war das für den Bundesnachrichtendienst. Nach außen hin viel Harmonie und reichlich gute Stimmung, unter der Oberfläche aber offene Fragen und manche Ungereimtheit. Erster Schauplatz: Das sachlich-kühle Berliner Paul-Löbe-Haus, Start des BND-Untersuchungsausschusses. Dort ging es betont friedlich zu - und schnell zum Ende kam man auch. Eine gute Stunde später, um 11.30 Uhr, setzt im Licht durchfluteten Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums zu Berlin ein Saxophon-Ensemble zu Georg Friedrich Händels "Die Ankunft der Königin von Saba" an, und kurz darauf spricht Kanzlerin Angela Merkel zu 50 Jahre BND.

10.30 Uhr, Paul-Löbe-Haus: Die Linksfraktion zollt dem CDU-Ausschusschef Siegfried Kauder "Dank und Respekt". Der Christdemokrat lobte wiederum das "sehr angenehme Arbeitsklima". Der SPD-Vertreter rühmt den fairen Umgang untereinander und das CSU-Mitglied spricht von einem guten Start. Die aufgeräumte Stimmung konnte der Untersuchungsausschuss als "schärfste Waffe der Opposition" nicht trüben - noch nicht.

"Zuerst die Indianer, dann die Häuptlinge"

Denn der Ausschuss wird die bislang zurückhaltend interessierte Öffentlichkeit noch bis Ende des Jahres begleiten, da sind sich die elf Mitglieder sicher. Bevor die ersten Zeugen im Europasaal auf dem Stuhl Platz nehmen, dürfte es Ende Juni werden. Bis dahin heißt die Arbeitsdevise: "Akten, Akten, Akten". Noch länger dürfte es dauern, bis Ex-Minister, Ex-Kanzler oder Geheimdienstchefs aussagen, denn zuvor sollen die Befehlsempfänger verhört werden. "Es gilt das alte Prinzip: Zuerst werden die Indianer befragt und dann die Häuptlinge", sagt FDP-Obmann Max Stadler.

Viele Fragen gibt es vor allem noch zur Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled al Masri. Auch die Verhöre von Terrorverdächtigen in Syrien und Guantànamo durch deutsche Beamte, die Aktivitäten des US-Dienstes CIA in Europa sowie der Einsatz von BND-Beamten in Bagdad während des Irak-Krieges werden den Ausschuss beschäftigen. Der "BND-Komplex" soll aber erst zum Schluss aufs Tapet kommen.

"Unklug und nicht gerade elegant"

Bei allen Themen haben die drei Oppositionsvertreter von FDP, Grünen und Linksfraktion einen nicht ganz unwichtigen Vorteil. Im Gegensatz zu den anderen acht Ausschussmitgliedern sitzen sie auch im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), das für die Geheimdienste zuständig ist. "Das ist unklug und nicht gerade elegant. Es gibt hier ein enormes Wissensgefälle", bemängelt SPD-Obmann Thomas Oppermann stirnrunzelnd. Er befürchtet, dass die Opposition den Untersuchungsauftrag je nach exklusiver Informationslage im PKG erweitern will. "Es darf aber keinen permanenten Parallel-Ausschuss zur PKG geben", warnt er.

Nur eine gute Stunde später dann die Rede der Kanzlerin vor 500 geladenen Gästen im Schlüterhof. Viele Ex-Präsidenten des Auslandsgeheimdienstes sind darunter, Minister und Botschafter. Sie lauschen einer markig-pathetischen Videoeinführung in 50 Jahre Geheimdienst unter den brechenden Blicken von Schlüters Skulptur-Köpfen "Sterbende Krieger", die am matten Rosé der Zeughausmauern prangen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Nicht der rechte Ort zum Streiten

Für Streit und Hader, Zwist und Kampf ist eine Feierstunde naturgemäß nicht der rechte Ort. Und so bleibt Merkel beim Thema Umzug ebenso vage wie BND-Präsident Ernst Uhrlau. Weichen sollen gestellt, Unsicherheiten beseitigt werden - demnächst.

Nur Klaus Kinkel hat durch die Verschränkung von vier Ex-Ämtern (Ex-BND-Präsident, Ex-FDP-Chef, Ex-Außenminister, Ex-Abgeordneter) die Freiheit, Dinge beim Namen nennen zu können: Natürlich gehöre der BND komplett nach Berlin. Und natürlich sei der - auch von seiner Partei gewollte - BND-Ausschuss falsch. Merkel ist da mehr in den Zwängen von Ort und Amt: Sie wolle dem Ausschuss nichts raten, aber schon hoffen, dass er nicht die Aufklärungsarbeit der Dienste als solche in Frage stelle. Denn die sei alternativlos. Allgemeines Nicken im sonnigen Hof.

DPA
Martin Bialecki, Helmut Reuter/DPA