Afghanistan-Strategie Nato plant fünf weitere Jahre am Hindukusch

Mit viel mehr Geld und Zeit will die Nato den Frieden in Afghanistan erzwingen. Der Entwurf für die Abschlusserklärung der Strategiekonferenz in London sieht noch mindestens fünf Einsatzjahre vor. Taliban-Kämpfer sollen zudem mit Millionen Dollar zum Aufgeben verlockt werden.

Auf der bevorstehenden Afghanistan-Konferenz in London wird voraussichtlich ein millionenschwerer Fonds für die Wiedereingliederung von Taliban-Kämpfern angestrebt. Zudem soll der Einsatz der internationalen Truppen noch weitere fünf Jahre dauern. Dies geht aus einem Entwurf der Abschlusserklärung hervor, aus dem die britische Zeitung "The Times" am Montag zitiert.

In dem Entwurf heißt es laut "Times", die afghanischen Sicherheitskräfte sollten "innerhalb von drei Jahren die meisten Operationen in unsicheren Gebieten Afghanistans ausführen und die Verantwortung für die physische Sicherheit innerhalb von fünf Jahren übernehmen". Stabilere Gegenden könnten schon Ende 2010 oder zu Beginn 2011 an die afghanischen Kräfte übergeben werden.

Millionen-Fonds für islamistische Kämpfer

Herzstück der Londoner Konferenz sei jedoch ein Plan zur Aussöhnung mit ehemaligen Aufständischen, schreibt die "Times" unter Berufung auf ranghohe Beamte. Dieser verspreche allen, die ihre Verbindungen zu "al Kaida und anderen terroristischen Gruppen" abbrechen, "einen ehrenvollen Platz in der Gemeinschaft". Dies soll in den kommenden drei Jahren durch einen "Friedens- und Reintegrationsfonds" unterstrichen werden. Laut "Times" sollen die USA, Japan und Großbritannien die größten Beitragsgeber sein. Die angestrebte Summe beliefe sich auf "Hunderte von Millionen Dollar".

Eine Annäherung mit den Taliban ist nach Ansicht vieler Experten nicht mehr zu vermeiden - auch wenn ein Millionen-Fonds für die islamistischen Kämpfer vor allem bei Hinterbliebenen in den USA und Großbritannien für Ärger sorgen dürfte.

Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal bekräftigte den Willen, die Taliban zum Einlenken zu zwingen. Ihr Widerstand solle auch mit der bevorstehenden Aufstockung der Truppe um 30.000 US-Soldaten so sehr geschwächt werden, dass die Taliban-Führer eine politische Lösung eingehen müssten, sagte der US-General der "Financial Times".

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte bereits einen Plan angekündigt, Taliban-Krieger mit materiellen Anreizen zur Aufgabe des bewaffneten Kampfes zu bewegen. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte sich am Wochenende für ein solches Aussteiger-Programm ausgesprochen. Viele Mitläufer der Terroristen seien auch aus wirtschaftlichen Gründen auf einen falschen Weg geraten, sagte der FDP-Chef der "Bild am Sonntag".

Berlin schwenkt auf Nato-Linie

Um die Haltung der Bundesregierung für die Konferenz in London abzustimmen, treffen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Westerwelle, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, Innenminister Thomas de Maizière und Entwicklungsminister Dirk Niebel an diesem Montagabend in Berlin. Dabei geht es unter anderem um eine Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents, das im jetzigen Mandat auf 4500 Soldaten begrenzt ist. Im Gespräch ist eine Ausweitung um 500 Mann, die sich vorrangig um die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte kümmern sollen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet sogar von 1000 zusätzlichen Soldaten. Guttenberg will eine konkrete Zahl noch vor der Londoner Konferenz nennen, doch steht sie unter Vorbehalt der Ergebnisse.

Sollte sich die Runde in Berlin tatsächlich auf eine Aufstockung verständigen, würde die Bundesregierung nach wochenlangem Zögern doch auf die Linie der Nato schwenken. Inzwischen erklärte auch Merkel, die Konzepte der Allianz und Deutschlands würden sehr ähnlich ausfallen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Für die SPD bekräftigte Parteichef Sigmar Gabriel am Montag in Berlin indes, dass die Sozialdemokraten grundsätzlich keine zusätzlichen Kampftruppen aus Deutschland nach Afghanistan schicken wollen.

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