Bundestag Längeres ALG I für Ältere beschlossen

Das Arbeitslosengeld I für über 50-Jährige wird wieder länger gezahlt - das haben die Abgeordneten der Koalition beschlossen. Der auf bis zu 24 Monate verlängerte Bezug soll rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten.

Überlagert von Wahlkampftönen hat der Bundestag am Freitag die längere Auszahlung des Arbeitslosengeldes I an Ältere beschlossen. Mit der Neuregelung sollen ältere Arbeitslose künftig bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I beziehen können. Außerdem wurde das System der Zwangsverrentung Älterer entschärft. Das Gesetz muss im Februar auch noch den Bundesrat passieren. Es soll rückwirkend zum 1. Januar gelten. Das gegen die Stimmen der Opposition beschlossene Gesetz sieht im Einzelnen vor, dass Arbeitslose ab 50 Jahren die Unterstützung 15 statt bisher zwölf Monate lang bekommen, bevor sie auf Hartz-IV-Niveau abrutschen. Über 55-Jährige bekommen das Arbeitslosengeld I bis zu 18 Monate, über 58-Jährige bis zu 24 Monate. Außerdem sollen über 58-jährigen Arbeitslosen verstärkt Angebote für die Wiedereingliederung in die Arbeitswelt gemacht werden, so dass niemand mehr vor Vollendung des 63. Lebensjahres mit Abschlägen zwangsverrentet wird. Als Innovation wird ein sogenannter Eingliederungsgutschein eingeführt, mit dem ein Arbeitgeber, der einen älteren Arbeitslosen einstellt, bis zu 50 Prozent Lohnkostenzuschuss erhalten kann. Die Initiative zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt soll dazu vom älteren Arbeitslosen ausgehen.

FDP spricht von Rollback wegen Landtagswahlen

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf der großen Koalition vor, mit Rücksicht auf die anstehenden Landtagswahlen einen "aus Populismusgründen eingeleiteten Rollback" zu inszenieren. Tatsächlich würden mit dem Gesetz die Chancen älterer Arbeitnehmer auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verschlechtert. Linksfraktionschef Oskar Lafontaine prangerte die Neuregelung der Zwangsverrentung an, begrüßte jedoch die Verlängerung der Auszahlungszeit von Arbeitslosengeld I. Letzteres trug ihm den von der FDP-Pressestelle festgehaltenen Zwischenruf Niebels ein: "Ihre Rede war der Beleg dafür, dass der Fachkräftemangel das Parlament erreicht hat." Irmingard Schewe-Gerigk von den Grünen nannte die Neuregelung der Zwangsverrentung eine "Peinlichkeit", die hinter dem Fortschritt der Verlängerung der Auszahlungszeit versteckt werde. Redner der Koalition wiesen die Vorwürfe zurück.

SPD-Vizevorsitzende Andrea Nahles und Fraktionskollege Anton Schaaf sagten, niemand wolle zur massenhaften Zwangsverrentung wie in der Ära Kohl/Blüm zurück. Damals habe die Industrie Ältere systematisch aus dem Arbeitsleben gedrängt. Von Zwangsverrentung seien im laufenden Jahr 25.000 und 2009 etwa 30.000 Menschen betroffen. Ralf Brauksiepe, Paul Lehrieder und Wolfgang Meckelburg von der CDU/CSU hoben hervor, dass das Gesetz der sozialen Gerechtigkeit diene. Die Bundesregierung hatte die Reform zwar bereits zwei Wochen vor Weihnachten auf den Weg gebracht. Die Union lehnte aber ein parlamentarisches Eilverfahren ab und verhinderte damit ein pünktliches In-Kraft-Treten zum Jahreswechsel.

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