Etappensieg mit Schönheitsfehler für Kanzlerin Angela Merkel im Griechenland-Drama: Der Bundestag macht den Weg frei für Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket für Griechenland. Zahlreiche Nein-Stimmen aus der Unionsfraktion trübten aber das Bild für die Regierungs- und Parteichefin. Denn fast 160 Abgeordnete stimmten mit Nein oder enthielten sich, davon 65 aus den Reihen der Unionsfraktion.
Bei der Sondersitzung am Freitag erteilten letztlich aber 439 Parlamentarier der schwarz-roten Bundesregierung ein Mandat für Gespräche der Geldgeber mit der Athener Regierung über ein drittes Hilfspaket sowie für eine kurzfristige Brückenfinanzierung. Das Hilfspaket soll nach bisherigen Planungen bis zu 86 Milliarden Euro für drei Jahre umfassen.
Der Großteil soll aus dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen, ein weiterer Anteil vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Bis zum Abschluss der Verhandlungen erhält Griechenland bis Mitte August zunächst sieben Milliarden Euro Brückenfinanzierung. Das ausgehandelte Hilfspaket bedarf dann erneut der Zustimmung des Bundestags - womöglich schon in wenigen Wochen während der parlamentarischen Sommerpause.
Merkel verliert an Zustimmung in der Union
Bei der namentlichen Abstimmung nach mehr als dreistündiger Debatte stimmten 119 Abgeordnete jedoch mit Nein, 40 enthielten sich. Abgegeben wurden 598 Stimmen, insgesamt hat der Bundestag 631 Sitze. Der Widerstand in der Union war größer als erwartet: 60 Abgeordnete von CDU und CSU stimmten gegen das von der Regierung vorgelegte Maßnahmenpaket, 5 enthielten sich. Nach der Fraktionssitzung vom Donnerstagabend war die Union von 48 Abweichlern ausgegangen. Die SPD-Fraktion stellte sich nahezu geschlossen hinter die Pläne. Nur vier Nein-Stimmen kamen von SPD-Politikern, eine davon von Peer Steinbrück.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte die Zustimmung des Bundestags: Das Parlament habe damit "eine Wende in der seit 2010 verfolgten Euro-Krisenstrategie beschlossen", erklärte der Chef der 2013 im Bund abgewählten Liberalen. "Obwohl diese Politik beispielsweise in Portugal und Irland erfolgreich war, wird jetzt das Prinzip "Hilfe bei Reformen" für eine Fata Morgana aufgegeben."
Die eurokritische, rechtskonservative Alternative für Deutschland erklärte: "Das Verhalten der Kanzlerin und der willfährigen Ja-Sager im Bundestag offenbart ein geradezu sträfliches Maß an Verantwortungslosigkeit."

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Diese Unions-Abgeordnete haben mit Nein gestimmt:
Thomas Bareiß (CDU), Zollernalb - Sigmaringen
Manfred Behrens (CDU), Börde - Jerichower Land
Veronika Bellmann (CDU), Mittelsachsen
Peter Beyer (CDU), Mettmann II
Wolfgang Bosbach (CDU), Rheinisch-Bergischer Kreis
Klaus Brähmig (CDU), Sächsische Schweiz - Osterzgebirge
Cajus Caesar (CDU)
Thomas Dörflinger (CDU), Waldshut
Hermann Färber (CDU), Göppingen
Axel E. Fischer (CDU), Karlsruhe-Land
Klaus-Peter Flosbach (CDU), Oberbergischer Kreis
Michael Frieser (CSU), Nürnberg-Süd
Alexander Funk (CDU), Homburg
Thomas Gebhart (CDU), Südpfalz
Josef Göppel (CSU), Ansbach
Ursula Groden-Kranich (CDU), Mainz
Olav Gutting (CDU), Bruchsal - Schwetzingen
Stephan Harbarth (CDU), Rhein-Neckar
Matthias Hauer (CDU), Essen III
Frank Heinrich (CDU), Chemnitz
Mark Helfrich (CDU), Steinburg - Dithmarschen Süd
Uda Heller (CDU), Mansfeld
Heribert Hirte (CDU), Köln II
Robert Hochbaum (CDU), Vogtlandkreis
Alexander Hoffmann (CSU), Main-Spessart
Hubert Hüppe (CDU)
Xaver Jung (CDU)
Egon Jüttner (CDU), Mannheim
Alois Karl (CSU), Amberg
Jens Koeppen (CDU), Uckermark - Barnim I
Karl A. Lamers (CDU), Heidelberg
Andreas G. Lämmel (CDU), Dresden I
Silke Launert (CSU)
Paul Lehrieder (CSU), Würzburg
Carsten Linnemann (CDU), Paderborn - Gütersloh III
Hans-Georg von der Marwitz (CDU), Märkisch-Oderland - Barnim III
Andreas Mattfeldt (CDU), Osterholz - Verden
Jan Metzler (CDU), Worms
Hans Michelbach (CSU), Coburg
Tim Ostermann (CDU)
Peter Ramsauer (CSU), Traunstein
Albert Rupprecht (CSU), Weiden
Ronja Schmitt (CDU)
Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU), Soest
Detlef Seif (CDU), Eiskirchen - Rhein-Erft-Kreis II
Reinhold Sendker (CDU), Warendorf
Tino Sorge (CDU), Magdeburg
Wolfgang Stefinger (CSU), München-Ost
Erika Steinbach (CDU), Frankfurt am Main II
Christian Frhr. von Stetten (CDU), Schwäbisch Hall - Hohenlohe
Dieter Stier (CDU), Burgenland - Saalekreis
Stephan Stracke (CSU), Ostallgäu
Arnold Vaatz (CDU), Dresden II - Bautzen II
Ingo Wellenreuther (CDU), Karlsruhe-Stadt
Marian Wendt (CDU), Nordsachsen
Klaus-Peter Willsch (CDU), Rheingau-Taunus - Limburg
Dagmar G. Wöhrl (CSU), Nürnberg-Nord
Emmi Zeulner (CSU), Kulmbach
Enthaltungen der Unionsfraktion:
Steffen Bilger (CDU), Ludwigsburg
Wilfried Lorenz (CDU)
Andreas Nick (CDU), Montabaur
Ulrich Petzold (CDU), Dessau-Wittenberg
Eckhard Pols (CDU), Lüchow - Dannenberg - Lüneburg
Nein-Stimmen der SPD-Fraktion:
Marco Bülow, Dortmund I
Thomas Jurk
Jeannine Pflugradt
Peer Steinbrück