Ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen bleibt politisches Streitthema. Zwar kündigte die SPD am Freitag im Bundestag an, die Umsetzung ihres Parteitagsbeschlusses für eine Begrenzung auf 130 Stundenkilometer mit dem Koalitionspartner zu erörtern. Allerdings lehnten Unionspolitiker einen solchen Schritt umgehend ab. Anträge der Grünen und Linken für Einführung eines Tempolimits von 130 bezeichnete der CDU-Politiker Lutz Storjohann als "reinen Aktionismus".
Wie auch die FDP plädierte die Union für individuelle Lösungen wie elektronische Verkehrsbeeinflussungssysteme und intelligente Leitsysteme, sie seien effektiver. Auch sei der Beitrag zum Klimaschutz gering. Autobahnen seien bereits die sichersten Straßen in Deutschland. Ein Tempolimit würde Verkehr auf Landstraßen verlagern, wo schon heute mit die meisten Unfälle geschähen. Die Attraktivität der deutschen Autobahnen würde degradiert, warnte der CSU-Politiker Andreas Scheuer. Der SPD-Verkehrspolitiker Jörg Vogelsänger sagte, die SPD wolle prüfen, ob die Autobahnen noch sicherer gemacht werden könnten. Er sei überzeugt, dass Verkehrsbeeinflussungsanlagen dazu wichtige Beiträge leisten könnten. Als denkbare Sofortmaßnahme regte Vogelsänger an, die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Kleintransporter herabzusetzen.
Einziges europäisches Land ohne Tempolimit
Sein Fraktionskollege Gerd Bollmann argumentierte, Deutschland sei das letzte Land in Europa ohne Tempolimit. Für ein Land, dem in der Klimafrage eine Führungsrolle zugerechnet wird, sei dies unglaubwürdig. Zudem sei ein Tempolimit ohne großen gesetzlichen Aufwand und ohne Investitionsmaßnahmen umsetzbar. Die Anträge der Oppositionsfraktionen werde die SPD aus Koalitionsgründen trotzdem ablehnen, "so richtig sie auch sein mögen".
Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Fritz Kuhn, sagte an die Adresse der Bundesregierung, wer ein wirkliches Klimaschutzprogramm umsetzen wolle, komme an einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen nicht vorbei. Dem Argument, ein Tempolimit trage nur wenig zur Minderung der CO2-Emmissionen bei, hielt er entgegen, es würden alle Maßnahmen gebraucht, man könne sich nicht einzelne aussuchen. Ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen verringere die Treibhausgase pro Jahr um 2,5 Millionen Tonnen. Das Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung erreiche bei hohen Investitionskosten nur eine Verringerung um eine Tonne. Allein die Emissionen auf Autobahnen würden um sieben bis acht Prozent reduziert.
Weniger Verkehrstote prognostiziert
Für ein Tempolimit spreche außerdem die Prognose, dass sich die Zahl der Verkehrstoten auf Autobahnen halbiere, es weniger Staus gebe und sich der Verkehrsfluss verbessere. Schließlich verringere das Ende des "Hochgeschwindigkeitsfahren" Stress und Aggressionen und mache Autobahnen auch für ältere Menschen wieder benutzbar, sagte Kuhn. Mehrere Redner monierten, dass weder Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee noch Umweltminister Sigmar Gabriel im Parlament anwesend waren. "Vielleicht steckt er im Stau, weil wir kein Tempolimit haben", kommentierte Kuhn die Abwesenheit Gabriels.