Das Verteidigungsministerium hat Berichte über angebliche Vorbereitungen für einen Ausstieg aus der Wehrpflicht als "absurd" zurückgewiesen. Sprecher Norbert Bicher erklärte am Donnerstag, Verteidigungsminister Peter Struck setze sich nach wie vor für den Erhalt der allgemeinen Wehrpflicht ein. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, Strucks ranghöchster Soldat, setzte sich unterdessen für eine allgemeine Dienstpflicht ein.
Entschieden wird erst Ende 2005
Bicher reagierte auf einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstag), wonach sich die SPD auf einen Ausstieg aus der Wehrpflicht vorbereite. Es bleibe bei den bisherigen Plänen: Im Mai diskutiere der Beraterkreis Innere Führung das Thema, und im November werde die SPD einen Kongress zur Wehrpflicht veranstalten, sagte der Sprecher. Entschieden werde auf dem SPD-Parteitag im November 2005.
"Die Welt" hatte berichtet, dass Strucks Planungsstabschef Franz Borkenhagen vor dem Arbeitskreis Sicherheitspolitik der SPD-Bundestagsfraktion ein positives Fazit gezogen habe über Erfahrungen der Länder, die eine Berufsarmee eingeführt haben. "Die Interventionsfähigkeit der Streitkräfte im Auslandseinsatz wird von den betroffenen Staaten als deutlich verbessert beurteilt", zitierte das Blatt Borkenhagen. Die betroffenen Streitkräfte hätten sich mit der Aussetzung der Wehrpflicht entweder abgefunden oder diese begrüßt. In den Gesellschaften habe es eine "breite, positive Resonanz" gegeben.
Berufsarmee wäre teurer
Die Zitate entstammen dem Sprechzettel Borkenhagens. Darin heißt es aber auch: "Die unmittelbaren Konsequenzen für den Verteidigungshaushalt waren überall höhere Personalkosten pro Soldat ... Generell kann man feststellen, dass die Personalkosten der Streitkräfte, trotz erheblicher Umfangsreduzierungen, heute einen größeren Anteil des Verteidigungsbudgets beanspruchen als noch zu Zeiten der Wehrpflicht. Das führt dazu, dass die zukünftige Einsatzbereitschaft der Streitkräfte teilweise ernsthaft gefährdet erscheint." Borkenhagen berichtet zudem über erhebliche Schwierigkeiten der betroffenen Berufsarmeen, ausreichend Personal zu bekommen. Die Einstellungskriterien für Mannschaften hätten nach dem Wegfall der Wehrpflicht generell abgesenkt werden müssen. Viele Staaten müssten seitdem "mit erheblichen Vakanzen im Bereich der unteren Ränge auskommen".
Bicher sagte dazu, nach dem Bericht Borkenhagens sehe Struck erst Recht keinen Anlass, von der Wehrpflicht abzurücken. Die Befürchtungen hätten sich bestätigt: Eine Berufsarmee werde teurer, und die Rekrutierung werde schwieriger.
500 Millionen Euro Extrakosten
General Schneiderhan sagte der "Sächsischen Zeitung" (Donnerstag), eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen würde die Diskussion über Wehrpflicht und Wehrgerechtigkeit versachlichen. Für eine Berufsarmee müsste die Bundeswehr laut Schneiderhan rund 50.000 Berufs- und Zeitsoldaten zusätzlich einstellen und höher bezahlen als mit Wehrsold. Dafür seien "nicht unter einer halben Milliarde Euro extra" nötig.

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Der verteidigungspolitische CDU/CSU-Fraktionssprecher Christian Schmidt forderte Struck auf, das Chaos in seinem Haus nicht länger zu dulden und in Sachen Wehrpflicht endlich ein Machtwort zu sprechen. Zum Thema Dienstpflicht sagte er, dies sei "auf Grund internationaler Verpflichtungen schon rechtlich nicht machbar".