BUNDESWEHREINSATZ Auf Streife für den Frieden

Die einen tragen Kampfanzüge mit dunkelroten Baretten, die anderen weiße Helme und Kalaschnikows. Gemeinsam mit einheimischen Polizisten haben deutsche Soldaten ihre Patrouillen in Kabul begonnen.

Die erste Patrouille der deutschen Soldaten durch die afghanische Hauptstadt Kabul war ganz offensichtlich eine angenehme Pflicht. Der kleine Konvoi aus zwei Geländewagen und zwei Lastwagen bahnte sich seinen Weg durch die chaotischen Basare im Norden der Stadt. Die Soldaten lächelten und winken jubelnden Kindern zu. Dann gingen sie mit afghanischen Polizisten paarweise durch die Straßen, begleitet von zahlreichen Afghanen, die sie herzlich willkommen hießen.

»Es ist schön zu sehen, dass hier in einer Unbekümmertheit die Kinder so auf uns zuströmen, sich freuen, dass sie uns sehen«, sagt Oberstleutnant Heiko Schindler, »am liebsten würde ich jedem der Kleinen die Hand schütteln.« Es sei eine »wahnsinnig herzliche Aufnahme«, fügt er hinzu. »Ich bin schon gefragt worden, ob ich eine deutsche Flagge für sie habe, habe ich aber leider nicht.«

»Unsere Soldaten verstehen das nicht«

Mohammad Amin, der in Leipzig Tiermedizin studiert hat, kam hinzu, um zwischen einem der Soldaten und einem Polizisten zu dolmetschen. Er fühle sich wie neugeboren, sagt Amin. Zwölf Jahre sei er in Deutschland gewesen, erzählt er und äußert Hochachtung für die deutschen Soldaten: »Sie sind mit den Menschenrechten groß geworden. Sie verstehen die Menschenrechte, sie verstehen, wie sie Ordnung bringen, aber unsere Soldaten verstehen das nicht.« Sie könnten nur schießen, hätten aber kein kein Verständnis für die Bevölkerung.

Rund 1000 Soldaten der Afghanistan-Schutztruppe ISAF sind bereits im Raum Kabul. Sie kommen aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Österreich. Aus der Bundesrepublik sind 70 Soldaten des

Vorauskommandos angekommen. Das Hauptkontingent von 800 bis 1000 Soldaten soll nach Angaben des Verteidigungsministeriums voraussichtlich bis Ende Januar in Marsch gesetzt werden. Die ISAF soll die Sicherheit der Hauptstadt und der Übergangsregierung gewährleisten.

Der Koordinator des afghanischen Innenministeriums für die gemeinsamen Patrouillen, Ghulam Dastagir Rostandschar, sagt: »Wir sind sehr zufrieden, dass die Deutschen gekommen sind, denn viele unserer Polizisten wurden in Deutschland ausgebildet.« Er hoffe, dass die afghanischen Polizisten mit Hilfe der deutschen Soldaten in einigen Monaten oder Jahren auf eigenen Füßen stehen und den Frieden sichern könnten.

Weiße Helme und Kalaschnikow-Sturmgewehre

Die ersten gemeinsamen Streifen bestanden aus zehn afghanischen Polizisten mit weißen Helmen und Kalaschnikow- Sturmgewehren, sieben Soldaten der Luftlandebrigade 31 aus Oldenburg und einem österreichischer Offizier. Der deutsche General Carl Hubertus von Butler erklärte, es sei schon ein bewegendes Gefühl, in dem Land zu sein und es zu unterstützen. »Zweck der Patrouille ist es, die gemeinsame zukünftige Aufgabenerfüllung kennen zu lernen (...) und dass wir uns gegenseitig kennen lernen.«

Das ist bei den Sprachproblemen allerdings noch etwas schwierig. »Es geht ein bisserl mit Handzeichen und mit wenigen Worten Englisch, aber mehr ist nicht da«, sagt der österreichische Major Camillo Nemetz. Ein deutscher Soldat sieht dies gelassen: Es sei wie bei NATO-Manövern zu Hause. Man finde schon einen Weg zur Verständigung, wenn man die gleichen Interessen habe.