Nach der Schlappe bei der Bundestagswahl will die CDU in den kommenden zwei Jahren ihr Grundsatzprogramm überarbeiten und neue Wählerschichten erschließen. Dies kündigte Parteichefin Angela Merkel am Montag nach einer mehrstündigen Analyse des schlechten Wahlergebnisses in den Spitzengremien der Partei an. Zu beantworten sei die Kernfrage: "Was ist sozial?" Man müsse "eine neue Gerechtigkeit finden, in der sich die Menschen aufgehoben fühlen".
Merkel verteidigte den Wahlkampf der CDU vor der Bundestagswahl vom 18. September. "Der Wahlkampf der Ehrlichkeit war ein richtiger Wahlkampf", sagte die Bundeskanzlerin. Es sei gut und richtig gewesen, den Menschen im Wahlprogramm gesagt zu haben, was die CDU für nötig halte.
Das schlechte Abschneiden der CDU erklärte Merkel mit einem generellen Vertrauensverlust in die Politik. "Den Erwartungen der Menschen sind immer wieder auch Enttäuschungen gefolgt", sagte sie. Es handele sich um mehr als ein Vermittlungsproblem. Vielmehr sei das Vertrauen der Menschen, dass durch Reformen die Lage besser werde, "in erheblichem Maße gestört". Darin liege nun eine "riesige Chance, das Verhältnis von Erwartung und Erfolg wieder in Balance zu bringen".
Es reiche nicht aus, zu sagen, die CDU könne es besser, sondern man müsse das Vertrauen gewinnen, dass die Lage tatsächlich besser werde. Ungerechtfertigte Erwartungen dürften aber nicht auf den Plan gerufen werden. Bei der Überarbeitung des Grundsatzprogramms in den nächsten 20 bis 24 Monaten gehe es darum, die ganze Partei mitzunehmen. Ein Weg dazu seien Regionalkonferenzen. Ziel sei es, das Profil der Partei inhaltlich zu schärfen und breitere Milieus anzusprechen, die heute noch nicht erreicht würden.
"Ehrlich währt am längsten"
Der niedersächsische Regierungschef und CDU-Bundesvize Christian Wulff fasste das Ergebniss nach der rund vierstündigen Sitzung mit den Worten zusammen: "Ehrlich währt am längsten."
Wulff zufolge soll die Diskussion in einem sehr sachlichen und aufgeschlossenen Klima verlaufen sein. Die CDU diskutiere darüber, wie Fehler im Wahlkampf künftig vermieden werden könnten. Viele im 50-köpfigen Vorstand hätten sich aber gegen einen Wahlkampf der Versprechen ausgesprochen.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA soll die Debatte hingegen kontrovers geführt worden sein. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen nahm Merkel die Kritik aus der Partei an dem Wahlkampf auf, verteidigte aber das Wahlprogramm als richtig. Aus dem 50-köpfigen Parteivorstand hätten gut 20 Wortmeldungen vorgelegen, hieß es. Unter anderen habe der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) bemängelt, dass sich die Union nicht auf der Höhe der intellektuellen Debatte bewege.