Blockade Christian Lindners Kritik am Rentenpaket stimmt – und trotzdem ist sie falsch

Christian Lindner
Christian Lindner ist kein Fan sozialdemokratischer Rentenpolitik – er möchte mehr auf die Renditen am Kapitalmarkt setzen
©  Panama Pictures / Action Press
Eigentlich hatte sich die Ampel längst auf ein schlechtes Rentenpaket geeinigt. Aber plötzlich wollte der Finanzminister nichts mehr davon wissen. Leider kommt seine Kritik zu spät.

Nebeneinander standen die beiden Minister im März und verkündeten vollmundig die Einigung: Das Rentenpaket 2 soll kommen, Rentenniveau ist gesichert, Generationenkapital auch. Das war das Signal von Christian Lindner und Hubertus Heil, den Ministern für Finanzen und Arbeit. Als sei es nur noch eine Formsache, die Zustimmung der Kabinettskollegen zu bekommen. Ein paar Diskussionen im Parlament, vielleicht auch kleinere Änderungen. Aber der große Koalitionsstreit schien (ausnahmsweise) abgewendet.

Dabei war das Paket schon damals schlecht.

Nun, ein paar Wochen später, hat sich an der Ausgangslage nichts geändert. Doch plötzlich ist Lindner der Meinung: Das geht gar nicht. Also hat er das Paket gestoppt, es steht nicht auf der Tagesordnung für die Kabinettssitzung – und wird somit vorerst nicht im Parlament diskutiert. Stattdessen: Stillstand. Schon wieder.

In der Sache hat Christian Lindner recht. Die Festschreibung des Rentenniveaus geht vor allem auf Kosten der Jüngeren. Bis 2035 werden die Rentenbeiträge auf 22,3 Prozent steigen, heute liegen sie bei 18,6 Prozent.

Christian Lindner ist Fan des Kapitalmarkts

Das vermeintliche Gegengift, das sogenannte Generationenkapital, kann daran nur begrenzt etwas ändern. Der Staat nimmt Darlehen auf, legt sie am Kapitalmarkt an, um mit der Rendite die Beitragssteigerungen etwas abzufedern. Aber die Regierung rechnet selbst nur mit einem federleichten Effekt von 0,3 Prozentpunkten.

Der Plan mit den zwei Maßnahmen legt nahe, dass die eine die Mehrkosten der anderen tragen könnte. Das ist aber nicht so. 

Der Finanzminister muss das bei seiner Vorstellung im März bereits gewusst haben. Aber offenbar hat er die Erkenntnis damals dem Koalitionsfrieden geopfert – um sie nun in den Haushaltsverhandlungen wieder hervorzukramen. Einen seiner Staatssekretäre lässt der Minister den Stopp mit den "überbordenden Haushaltsanmeldungen für 2025" erklären. Mehrere Ministerien haben sich in ihren Etat-Plänen über Lindners Sparvorgaben hinweggesetzt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Ampel-Koalition macht also wieder genau das, was wir in den letzten Monaten zu Genüge gesehen haben: Getroffene Einigungen werden wieder gebrochen, sobald sich ein Minister etwas davon erhofft – gern bei einem ganz anderen Thema. Als wäre es nicht ohnehin schwer genug, zwischen Liberalen und Sozialdemokraten eine gemeinsame Rentenreform zu entwerfen, wird die Altersvorsorge nun also auch noch Verhandlungsmasse in der großen Haushaltdebatte.

Es ist genau diese Instrumentalisierung von wichtigen Themen, die viele Menschen an der Ampel – und vielleicht sogar an der Politik im Allgemeinen – frustriert. Für sie geht es eben nicht um Eitelkeiten einzelner Politiker oder den Vorteil im anstehenden Wahlkampf. Für sie geht es ums Auskommen im eigenen Alter. Sie erwarten zu recht gerade bei diesem Thema ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit.

So bleibt am Ende nur eine Hoffnung: Dass Christian Lindner mit seiner Blockade eine echte Verbesserung des Pakets erreicht – und das alles nicht nur zu seiner Profilierung betreibt.