Spitzenpolitiker von SPD und Union lehnten am Donnerstag Forderungen ab, Steinmeier des Amtes zu entheben. "Er soll nicht zurücktreten", sagte etwa der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden dem Sender n-tv. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, warf der FDP vor, sie betreibe Polemik statt Aufklärung. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hatte Steinmeier den Rücktritt nahe gelegt, da der SPD-Politiker im Fall der mutmaßlichen Entführung des Deutschen Khaled al Masri durch die CIA die Öffentlichkeit getäuscht habe. Der Minister hatte eingeräumt, seit Juni 2004 von dem Vorgang zu wissen.
Steinmeier erklärte, er sehe selbst innerhalb der FDP keine breite Unterstützung für Rücktrittsforderungen. "Ich kenne eine Zeitungsmeldung von Herrn Niebel, die aber - glaube ich - nicht mal von seiner eigenen Partei geteilt wird." Der Außenminister kündigte an, kommende Woche im Bundestag zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Zugleich betonte er, deutsche Behörden seien an solchen Aktionen nicht beteiligt gewesen.
Schilderungen al Masris werden als glaubwürdig eingestuft
Die ermittelnde Münchener Staatsanwaltschaft bewertet die Schilderungen al Masris als grundsätzlich glaubwürdig. "Wir haben das auch durch verschiedene weitergehende Erkenntnisse untermauern können", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld. Es habe sich gezeigt, dass an dem Fall "etwas dran sein könnte". Sie hätten in diesem Jahr Auskunftsersuchen an die USA, Mazedonien und Albanien gerichtet. Antworten lägen aber noch nicht vor. Es werde geprüft, ob die Bundesregierung um Auskünfte gebeten werde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung, der Nötigung und der Körperverletzung.
Hintergrund der CIA-Affäre
Das Verhalten der alten rot-grünen Regierung in der Affäre sorgt seit Tagen für Debatten. Der aus dem Libanon stammende al Masri wurde nach eigenen Angaben Ende 2003 vom US-Geheimdienst CIA aus Mazedonien nach Afghanistan entführt und dort fünf Monate lang wegen Terrorverdachts festgehalten worden. Der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) war nach eigenen Angaben im Mai 2004 davon informiert worden. Steinmeier hatte Berichten widersprochen, das damals von ihm geleitete Kanzleramt habe nicht angemessen reagiert.
Scharfe Kritik der FDP
Die Welt und Bild berichteten, die rot-grüne Regierung habe erst Anfang 2005 und damit über ein halbes Jahr nach ihrer Information über den Fall das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags (PKG) darüber unterrichtet.
Niebel kritisierte in der Passauer Neuen Presse, Steinmeier scharf: "Normalerweise wäre es für einen deutschen Außenminister ein Rücktritts- oder Entlassungsgrund, wenn man die Öffentlichkeit so hinters Licht führt, wie es Herr Steinmeier getan hat." Ein Minister, der die Öffentlichkeit bewusst täusche, sei nicht tragbar, sagte Niebel.

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Scholz warf der FDP vor, es sei verantwortungslos, vor der Information durch die Regierung zu urteilen. Auch Klaeden sagte, es gelte jetzt, die Berichte der Regierung an das Parlament in der Sache abzuwarten.
SPD-Politiker erwarten öffentlich Aufklärung
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte eine öffentliche Aufklärung der CIA-Affäre: Einzelne Details der Affäre seien vielleicht geheimhaltungsbedürftig, sagte er n-tv. "Aber der Kern - etwa der Entführungsfall al Masri - muss in den wesentlichen Grundzügen öffentlich debattiert werden können."