CIA-Sonderausschuss Schwere Vorwürfe gegen Ex-Bundesregierung

Die alte Bundesregierung soll sich schlecht um deutsche Gefangene der CIA gekümmert zu haben. Dies behaupten Anwälte beim CIA-Sonderausschuss des Europaparlaments. Man spricht gar von einem "schweren Versagen".

Im CIA-Sonderausschuss des Europäischen Parlaments sind schwere Anschuldigungen gegen Deutschland laut geworden. Anwälte warfen der früheren Bundesregierung und deutschen Behörden in Brüssel vor, sich ungenügend für aus Deutschland kommende Gefangene des US-Geheimdienstes CIA eingesetzt oder deren Entführung sogar unterstützt zu haben. Das deutsche Ausschussmitglied Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPD) forderte die Bundesregierung anschließend auf: "Legt die Karten auf den Tisch!"

Den Türken Murat Kurnaz, der Ende August nach fast fünf Jahren im US-Gefängnis von Guantánamo in seine Geburtsstadt Bremen heimkehrte, hätte die Bundesregierung bereits im Jahr 2002 zurückholen können, sagte sein Anwalt Bernhard Docke. Tatsächlich sei Kurnaz erst freigelassen worden, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel seinen Fall bei US-Präsident George W. Bush vorgebracht habe.

"Schweres Versagen der Bundesregierung"

Die USA hätten Berlin die Überstellung von Kurnaz bereits 2002 angeboten, weil sie ihm keinerlei Beteiligung an Terrorplänen nachweisen konnten: "Die deutsche Reaktion war: 'Den wollen wir nicht!'", sagte Docke. Der Untersuchungsausschuss des Bundestags solle diesen Vorgang vollständig klären: "Wenn das so ist, würde ich das als ein schweres politisches und moralisches und wohl auch juristisches Versagen der Bundesregierung ansehen."

Docke berichtete weiter, über das Bundeskriminalamt hätten die USA während Kurnaz' Haft Informationen über den gebürtigen Bremer bekommen. Beamte des Bundesnachrichtendienstes hätten Kurnaz in Guantánamo vernommen. Kurnaz war 2001 in Pakistan festgenommen worden, wo "Kopfgeldjäger" den US-Terrorfahndern zugearbeitet hätten, sagte Docke. Diese Fahnder hätten Erfolge gebraucht und "keinerlei Qualitätskontrolle" vorgenommen.

Seit einem Jahr kein Lebenszeichen

Die Anwältin des Deutsch-Syrers Mohammed Zammar schilderte Kontakte zwischen deutschen Behörden und dem syrischen Geheimdienst. Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen belegten dies, sagte die Rechtsanwältin Gül Pinar. Die Bundesanwaltschaft habe sechs Verfahren gegen Syrer in Deutschland eingestellt, damit deutsche Ermittler im Gegenzug Zammar in einem syrischen Gefängnis vernehmen durften. Zammar sei von Marokko nach Syrien gebracht worden. Seit einem Jahr fehle von ihm jedes Lebenszeichen.

"Das war eine alarmierende Darstellung von Frau Pinar", meinte das federführende Ausschussmitglied Giovanni Fava. Der Sozialdemokrat Kreissl-Dörfler empfahl der Bundesregierung große Offenheit: "Es kommt alles ans Tageslicht." Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier soll nach einem Auftritt im Berliner Untersuchungsausschuss auch in Brüssel aussagen. Am Donnerstagabend wurde sein spanischer Amtskollege Miguel Angel Moratinos als erstes Regierungsmitglied vor dem CIA-Ausschuss des Europäischen Parlaments erwartet.

DPA
DPA