DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist tot Merkel: "Eine bedeutende Stimme der Freiheit"

Bärbel Bohley kämpfte für die Freiheit, als das noch mit wirklichen Gefahren verbunden war. Als am 9. November 1989 die DDR-Grenzen geöffnet wurden, war dies auch dem unmütigen Einsatz der DDR-Bürgerrechtlerin zu verdanken. Ihren letzten Kampf verlor Bohley jedoch- den Kampf gegen den Krebs.

Die DDR-Bürgerrechtlerin und Künstlerin Bärbel Bohley ist tot. Sie erlag am Samstagmorgen im Alter von 65 Jahren im engen Familienkreis in Gehren in Mecklenburg-Vorpommern einem Krebsleiden, wie die Robert-Havemann-Gesellschaft in Berlin mitteilte. Bohley galt als eine der wichtigsten Persönlichkeiten der friedlichen Revolution von 1989 in der DDR. Sie gehörte zu den Gründern der Bürgerbewegung Neues Forum.

Bundespräsident Christian Wulff reagierte "mit tiefem Mitgefühl" auf den Tod der DDR-Bürgerrechtlerin. "Mit ihrem Sinn für Anstand und ihren unverrückbaren Standpunkten gegenüber Willkür und Unrecht hat sie das Lebensgefühl vieler Menschen im Osten Deutschlands zum Ausdruck gebracht", schrieb Wulff in einem Kondolenzschreiben an den Sohn der Verstorbenen. Und für viele im Westen sei sie die glaubwürdige Stimme jener gewesen, die sich durch staatliche Bevormundung nicht gängeln ließen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich "zutiefst betroffen" über den Tod von Bohley. Die Bürgerrechtlerin sei eine der "bedeutenden Stimmen der Freiheit" gewesen. Unerschrocken sei sie ihren Weg gegangen. "Für viele, auch für mich, waren ihr Mut und ihre Gradlinigkeit beispielhaft", sagte Merkel weiter. Sie behalte sie in Erinnerung als eine Persönlichkeit, die die friedliche Revolution und den Weg zur deutschen Einheit ermöglicht hat. "Wir Deutsche sind Bärbel Bohley zu Dank verpflichtet."

Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin, reagierten mit großer Trauer auf den Tod der Bürgerrechtlerin. "Mit ihr verlieren wir eine große Freiheitskämpferin, eine große Deutsche." Sie werde immer in Erinnerung bleiben als eine, "die beharrlich für Freiheit kämpfte, als das noch mit wirklichen Gefahren verbunden war und wirklichen Mut erforderte". Auch später habe sie "nie ein Blatt vor den Mund" genommen.

Der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, würdigte die Leistungen der verstorbenen Bürgerrechtlerin: "Bärbel Bohley war eine couragiert Kämpferin für Freiheit und Demokratie, die dem Stasi- und SED-Staat tapfer die Stirn bot. Für viele Menschen in Ost und West war sie die Mutter Courage in der DDR. Ihr freier Geist, ihr Mut und ihre unermüdliche Energie werden uns fehlen."

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, mit dem Tod von Bärbel Bohley verliere die Stadt eine "starke Persönlichkeit. Sie sei "nie den Weg bequemer Anpassung gegangen". Unvergessen blieben ihr Einsatz für den Sturz des autoritären Regimes der DDR und ihre wichtige Rolle als Mahnerin in den nachfolgenden Jahren des Zusammenwachsens Berlins.

Bärbel Bohley wurde am 24. Mai 1945 in Berlin geboren. Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau absolvierte sie in der DDR ein Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee mit dem Abschluss "Diplom-Malerin".

Als erklärte Pazifistin wurde sie 1982 Gründungsinitiatorin des unabhängigen Netzwerkes "Frauen für den Frieden". Später setzte sie sich verstärkt für mehr öffentliche Diskussionen, für Meinungs-, Reise- und Versammlungsfreiheit in der DDR ein. Im Wendejahr 1989 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des Neuen Forums und war Mitunterzeichnerin des Aufrufs "Die Zeit ist reif" in dem ein grundlegender gesellschaftlicher Wandel in der DDR gefordert wurde.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Im September 1990 besetzte Bohley zusammen mit anderen Aktivisten das Stasiakten-Archiv in der Berliner Normannenstraße. Diese Aktion führte letztendlich zur gesetzlich geregelten Einsicht in die Stasi-Unterlagen.

Ab 1996 lebte und arbeitete sie laut Havemann-Gesellschaft vorwiegend im ehemaligen Jugoslawien. Sie organisierte in Bosnien ein Wiederaufbauprogramm und ermöglichte Waisen und Kindern aus Flüchtlingsfamilien des ehemaligen Jugoslawiens gemeinsame Sommerferien in Kroatien. 2008 kehrte sie nach Deutschland zurück und lebte in Berlin-Prenzlauer Berg.

Vergangenes Jahr erhielt Bohley den Quadriga-Preis, der jährlich vom Berliner Verein Werkstatt Deutschland verliehen wird und mit dem Persönlichkeiten geehrt werden, die durch ihr Engagement ein Zeichen für Aufbruch, Erneuerung und Pioniergeist gesetzt haben.

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Mirko Hertrich, APN

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