Einwanderung von Migranten stößt in Deutschland weiterhin verbreitet auf Skepsis. Mehr als die Hälfte der Deutschen (52 Prozent) ist laut einer am Donnerstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Umfrage der Ansicht, dass es zu viel Einwanderung gebe. Zugleich meinen zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten, Zuwanderung habe einen positiven Effekt auf die Wirtschaft. Vor allem junge Menschen zeigen sich offener, die Skepsis ist zudem im Osten höher als im Westen.
Viele verbinden mit Zuwanderung Negatives
Die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, stieg im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage vor zwei Jahren wieder leicht. Nach wie vor ist aber fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) der Ansicht, Deutschland könne keine weiteren Flüchtlingen mehr aufnehmen, weil die Belastungsgrenzen erreicht seien. Im Jahr 2017 lag der Anteil mit 54 Prozent noch höher, im Jahr 2015 aber mit 40 Prozent auch deutlich niedriger. Dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen könne, meinen aktuell 37 Prozent.
Viele Menschen verbinden mit Zuwanderung auch nach wie vor negative Folgen. Belastungen für den Sozialstaat sehen 71 Prozent der Befragten, Konflikte zwischen Einwanderern und Einheimischen 69 Prozent, Probleme in Schulen 64 Prozent. Auf der anderen Seite geben zum Beispiel mehr als zwei Drittel (67 Prozent) an, das Leben werde durch Migration interessanter. Ebenfalls rund zwei Drittel (64 Prozent) sehen darin ein Mittel gegen die Überalterung der Gesellschaft. Zudem meinen 41 Prozent der Befragten, Einwanderung sei nötig, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Vor zwei Jahren lag dieser Anteil nur bei 33 Prozent.
Deutlich positiver wird laut Bertelsmann-Stiftung die Migration unter Jüngeren bewertet. "Die Willkommenskultur in Deutschland ist jung", heißt es in der Studie. Die Gruppe der unter 30-Jährigen unterscheide sich in ihren Einschätzungen und Wahrnehmungen deutlich von älteren Jahrgängen.
"Stresstest der Fluchtzuwanderung gut gemeistert"
Die Untersuchung zeigte zugleich deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auf. So meinten beispielsweise 83 Prozent der Befragten im Osten, Migration belaste den Sozialstaat. Im Westen lag der Anteil dagegen nur bei 68 Prozent.
Die Studienautoren machen eine zwiespältige Haltung aus - mit einem skeptischen wie auch pragmatischen Blick. Aufnahmebereitschaft und Willkommenskultur hätten nach dem starken Zuzug von Flüchtlingen zwar zunächst gelitten. Aktuell stehe die Bevölkerung der Migration aber wieder mehrheitlich positiv gegenüber. "Deutschland hat den Stresstest der Fluchtzuwanderung ab 2015 gut gemeistert stabilisiert sich als pragmatisches Einwanderungsland", kommentierte der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger, die Umfrageergebnisse. "Die Bevölkerung hat die Herausforderungen von Migration klar vor Augen, sieht aber auch die Chancen für eine alternde Gesellschaft."
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sieht die Integrationspolitik durch die Studie bestätigt. "Die Richtung stimmt und macht Mut", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Einwanderung wird immer stärker als Chance gesehen - vor allem bei jungen Menschen. Das überrascht nicht, denn in der Schule oder am Ausbildungsplatz ist Vielfalt längst Normalität."
Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Kantar-Emnid 2024 Menschen ab 14 Jahren.