Diesel-Rußfilter Keine Extrawurst vor 2005

Kanzler Schröder will Diesel-Rußfilter nicht vor 2005 fördern. Und auch nur, wenn bis dahin eine EU-Norm steht. Damit nimmt er vor allem auf die Autobranche Rücksicht.

Der Ruf, er sei der Genosse der Bosse hallte Bundeskanzler Schröder lange nach. Vor allem ein besonders gutes Verhältnis zu den Chefetagen der Automobilindustrie wurde ihm nachgesagt. Am Montagnachmittag setzte sich Schröder mit führenden Vertretern der Branche zusammen. Denn die haben Sorgen und der Regierungschef musste mal wieder vermitteln - seinem Ruf als Autokanzler wurde er dabei in gewisser Weise gerecht.

Die Bundesregierung will saubere Diesel ab 2005 steuerlich fördern, allerdings nur auf Grundlage einer europaweit einheitlichen Abgasnorm. Damit nimmt das Ergebnis des Autogipfels hauptsächlich auf die Argumentation der Autobranche Rücksicht. Die hatte sich gegen einen "nationalen Alleingang" bei der Förderung des Dieselrußfilters gewandt, von Umweltschützern gab es heftige Kritik dafür.

Schröder hatte VW-Chef Bernd Pischetsrieder und andere europäische Autochefs empfangen. Überschattet war das Treffen von der Nachricht, dass die Autokonjunktur im Mai einen deutlichen Rückschlag erlitten hat. Nach dem Gipfel erklärte die Regierung, man sei sich einig, dass die Bundesregierung schon bis Jahresende in Brüssel auf eine neue europäische Abgasnorm (Euro 5) dringen wolle. Auf der Basis der zu verabschiedenden Richtlinie werde sich die Bundesregierung auf einer steuerlichen Förderung von Fahrzeugen ab 1. Januar 2005 einsetzen, die die neue Norm erfüllen.

Mit einer EU-Norm war bisher nicht vor 2007 gerechnet worden

Damit ist der Streit um den Partikelrußfilter zumindest entschärft. Feine Partikel in Dieselabgasen stehen im Verdacht, Krebs und Atemwegserkrankungen auszulösen. Die Filter können die Partikel fast vollständig zurückhalten.

Mit einer neuen EU-Norm war bisher nicht vor 2007 gerechnet worden. Umweltminister Jürgen Trittin hatte deshalb vorgeschlagen, ab 2005 saubere Dieselfahrzeuge zunächst im Alleingang mit bis zu 600 Euro im Jahr steuerlich zu fördern. Dafür schlug er einen Grenzwert von 2,5 Milligramm Staub pro Kilometer vor, der nach derzeitigem Stand nur mit Partikelfilter zu erreichen ist. Die Autoindustrie ist dem Vernehmen nach für höhere Grenzwerte, die auch ohne Filter einzuhalten sind. Nach dem Autogipfel blieb offen, für welchen Grenzwert sich Schröder in Europa einsetzen will.

Autoindustrie wehre sich nicht "grundsätzlich" gegen die Rußfilter

Der Verband der Automobilindustrie betonte, man wehre sich nicht grundsätzlich gegen den Partikelfilter und steuerliche Förderung, aber gegen nationale Alleingänge. Die Grenzwerte sollten wie vorgesehen 2007 auf europäischer Ebene vereinbart werden, hatte VW-Sprecher Thomas Mickeleit vor dem Treffen gesagt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Umweltschützer kritisierten, VW leiste Widerstand, weil der Konzern selbst kaum Modelle mit Rußfiltern anbiete. VW befürchte, dass vor allem die französischen Konkurrenz profitieren würde, die die Filter serienmäßig einbaut. Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch appellierte mit Greenpeace, BUND und dem Verkehrsclub Deutschland an die Regierung, sich dem Druck nicht zu beugen und der Gesundheit der Bevölkerung Vorrang zu gewähren.

Die Grünen-Umweltpolitiker Reinhard Loske und Winfried Hermann bekräftigten, dass sie Steuervorteile für den Filter bereits ab 1. Januar 2005 durchsetzen wollen: "Die Koalitionsfraktionen beabsichtigen, noch vor der Sommerpause einen Vorschlag vorzulegen." Auch SPD-Umweltpolitiker Michael Müller sagte im Südwestrundfunk, man habe sich "darüber verständigt, dass wir ab 2005 eine entsprechende Förderung des Dieselfilters wollen."

In Wirtschaftsminister Wolfgang Clement haben die deutschen Hersteller einen Fürsprecher. Jetzt, da man einen Aufschwung in Deutschland brauche, gehe es darum, die Position der eigenen Industrie zu stärken, sagte der SPD-Politiker. Er nannte den Rußpartikelfilter "nicht sonderlich innovativ".

AP
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