Finanzpolitik Schäuble kündigt fundamentalen Kurswechsel an

Der Finanzminister macht ernst: Im Kampf gegen das gewaltige Haushaltsloch will Wolfgang Schäuble einen strikten Sparkurs einschlagen. Einschnitte seien unvermeidlich, sagte der CDU-Politiker in einem Interview. Offen ließ er allerdings, wo er den Rotstift ansetzen will.

Zur Eindämmung der gigantischen Staatsverschuldung will Finanzminister Wolfgang Schäuble schon bald einen strikten Sparkurs einschlagen. Nach dem Ende der schweren Krise brauche Deutschland einen "fundamentalen Kurswechsel hin zu einer tragfähigen und nachhaltigen Finanzpolitik", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur DAPD in Berlin.

Einschnitte seien dabei unvermeidlich. "Um auch dies deutlich zu sagen: Ohne die Kürzung von Ausgaben wird es dabei nicht gehen", betonte er.

Aufgabe nur mit Strukturreformen zu meistern

Die Bundesregierung muss sich nach Schäubles Worten in allen Politikbereichen fragen, "ob wir mit dem Geld die richtigen Schwerpunkte setzen und prüfen, wie wir die vorhandenen Mittel effizienter einsetzen können". Der Minister erinnerte daran, dass der Bund sein strukturelles Haushaltsdefizit, das dieses Jahr rund 70 Milliarden Euro betragen wird, bis zum Jahr 2016 auf rund 10 Milliarden zurückführen muss, um die neue Schuldenregel im Grundgesetz einzuhalten und die Maastricht-Regeln des Euro-Stabilitätspakts zu erfüllen. "Diese Aufgaben werden wir nur mit Strukturreformen meistern können, die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sichern und dauerhaft die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern", sagte Schäuble.

Das Bundeskabinett hatte Mitte Dezember den Haushaltsentwurf 2010 mit einer Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro gebilligt - ein einsamer Höchststand in der Nachkriegsgeschichte. Hinzu kommen noch rund 14,5 Milliarden Euro an frischen Krediten in Schattenhaushalten. Gespart werden soll erst ab 2011. Die gesamten Schulden der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden betrugen Ende September gut 1601 Milliarden Euro.

"Finanzpolitik ist kein Wunschkonzert"

Auf die Frage, welche Bilanz angesichts dieser Negativrekorde am Ende seiner Amtszeit stehen wird, sagte Schäuble: "Finanzpolitik ist kein Wunschkonzert. Und wir alle haben uns die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht gewünscht, die uns jetzt zu dieser hohen Neuverschuldung zwingt." Doch seien dies die Rahmenbedingungen, denen sich die Regierung stellen müsse. "Und das werden wir auch verantwortungsvoll tun. Was wir nach Beendigung der Krise brauchen, ist ein fundamentaler Kurswechsel hin zu einer tragfähigen und nachhaltigen Finanzpolitik, die auch den Bedürfnissen der zukünftigen Generationen Rechnung trägt."

"Bürger und Wirtschaft brauchen Entlastungsimpuls"

Die FDP erneuerte unterdessen ihre Forderung, ungeachtet der Rekordschulden bereits 2011 massiv die Steuern zu senken. "Die Bürger und die deutsche Wirtschaft brauchen diesen Entlastungsimpuls", sagte der Generalsekretär der Liberalen, Christian Lindner, der "Rheinischen Post". FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger widersprach in diesem Zusammenhang der Darstellung des Bundesfinanzministeriums, alle weiteren Steuerreformen stünden unter Finanzierungsvorbehalt und der Spielraum dafür hänge von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Steuerschätzung im Mai ab. Ab 2011 müsse der geforderte Stufentarif eingeführt werden, verlangte sie in Stuttgart. Homburger verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem von jährlichen steuerlichen Entlastungen in Höhe von 24 Milliarden Euro die Rede sei.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich warnte dagegen vor einer Überforderung der öffentlichen Haushalte. "Entlastungen wollen alle drei Koalitionspartner. Sie dürfen aber nicht an anderer Stelle zu Belastungen werden", sagte Friedrich der "Saarbrücker Zeitung". Im "Handelsblatt" forderte er, auch die FDP müsse die tatsächlichen Rahmenbedingungen beachten: "Die Grenzen im Grundgesetz bei der Schuldenbremse, die Einnahmesituation des Staates in Bund, Ländern und Kommunen und die Einsparpotentiale, die es gibt."

APD
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