Finanzpolitik Schröder stärkt Eichel den Rücken

Nachdem die Opposition den Rücktritt von Hans Eichel gefordert hat, haben sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die SPD-Führung klar hinter den Bundesfinanzminister gestellt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und die SPD-Führung haben sich klar hinter Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und gegen die Rücktrittsforderungen der Opposition gestellt. «Eichel bleibt im Amt», erklärte der Bundeskanzler am Montag in Malaysia für den Rest der Wahlperiode bis 2006. Nachdem Eichel am Wochenende wichtige Finanzziele aufgegeben und neue Finanzlöcher eingeräumt hatte, verschärfte die Opposition ihre Attacken. Die FDP verlangte den Abtritt der gesamten Bundesregierung. Sie solle den Weg für Neuwahlen frei machen, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt.

Diskussion um höhere Mehrwertsteuer

Angesichts der jetzt auch von Eichel erwarteten Milliarden-Lücken in den öffentlichen Haushalten entspann sich eine erneute Diskussion über die geplante Tabaksteuer-Erhöhung, die Mehrwertsteuer und die Steuerfreiheit der Schichtzuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit der Arbeitnehmer. Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth erklärte: «Die Bundesregierung plant keine Mehrwertsteuer-Erhöhung.»

FDP verlangt Regierungserklärung

Dagegen wandte sich auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz nach der Sitzung des SPD-Präsidiums. Er kündigte zugleich an, dass die Koalition die jetzige Konjunkturschwäche nicht noch durch zusätzliche Sparmaßnahmen in diesem Jahr verschärfen wolle. Solche Einschnitte kommen laut Eichel aber im nächsten Jahr auf die Bürger zu. Die FDP verlangte eine Regierungserklärung zur Haushaltslage.

"Empörung und Abscheu" über Kritik an Eichel

«Es gibt keine Diskussion um Hans Eichel, sondern eine Diskussion, die Hans Eichel angestoßen hat», sagte Schröder zur Preisgabe lange aufrechterhaltende Haushaltsziele. Er werde die Reformagenda 2001 gemeinsam mit Eichel umsetzen. Scholz erklärte: «Mit Empörung und Abscheu haben wir die öffentliche Kritik am Finanzminister zurückgewiesen.» Solide Haushaltsführung sei das Markenzeichen sozialdemokratischer Politik.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Weitere Steuerausfälle erwartet

Mit Spannung wird die dreitägige Steuerschätzung erwartet, die an diesem Dienstag im brandenburgischen Lübbenau beginnt. Die Bundesregierung geht von zusätzlichen Steuerausfällen in diesem Jahr von etwa neun Milliarden Euro aus. Davon sollen rund drei Milliarden auf den Bund entfallen. Die Schätzungen bei den Forschungsinstituten reichen bis zwölf Milliarden für Bund, Länder und Gemeinden. Für den Zeitraum 2003 bis 2006 addieren sich die kürzlich bekannt gewordenen Vorausschätzungen auf eine Größenordnung bis 60 Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr müssen Bund, Länder und Gemeinden mit einem von 51 auf rund 75 Milliarden anwachsendem Defizit rechnen.

Abschied vom ausgeglichenen Haushalt 2006

Eichel hatte am Wochenende erstmals eingeräumt, dass das Ziel, von 2006 an ohne neue Schulden auszukommen, nicht mehr erreichbar sei. Dem hatte der Kanzler beigepflichtet. Der Minister muss sich an diesem Montag und Dienstag im Kreis der EU-Finanzminister stellen. Eichel hatte aber bereits am Vorabend deutlich gemacht, dass das Defizitziel von drei Prozent im nächsten Jahr wieder eingehalten werden müsse. In diesem Jahr erwartet er wie im vergangenen Jahr (mit 3,6 Prozent) eine deutliche Überschreitung. Strafzahlungen seien nicht zu erwarten, sagte Eichels Sprecher Jörg Müller.

Angesichts von Ankündigungen aus Unions- und SPD-Reihen, die Steuerfreiheit für Schichtzuschläge im Rahmen des Subventionsabbaus zu opfern, entgegnete Scholz: «Es ist eine Steuervergünstigung aus Respekt vor sehr schwerer Arbeit von Menschen, die nachts arbeiten müssen.» SPD-Fraktionsvize Joachim Poß will - die vom Düsseldorfer Regierungschef Peer Steinbrück und dessen Berliner Kollegen Klaus Wowereit (beide SPD) vorgeschlagenen - Einschränkungen hierbei nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts eines Subventionsabbaus zulassen.