Brandenburg Rassistischer Übergriff auf Schulklasse: Bundespräsident Steinmeier fordert, rechtsextreme Vorfälle nicht mehr kleinzureden

Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seinen Amtsitz in dieser Woche in die Lausitz verlegt
© Patrick Pleul/dpa
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert nach einem Übergriff auf eine Schulklasse und dem Hilferuf von Lehrern an einer Schule Konsequenzen und eine Debatte über die Ursachen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Jugend unseres Landes, unsere Kinder und Jugendlichen, bedroht werden von Rechtsextremisten."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit Entsetzen auf jüngste rechtsextreme Vorfälle in Brandenburg reagiert, Konsequenzen gefordert sowie eine offene Debatte über die Ursachen. "Es ist wichtig, dass die Geschehnisse nicht mehr verschwiegen oder klein geredet werden", sagte Steinmeier am Mittwoch dem stern. "Der Offene Brief, mit dem Lehrer einer Schule in Burg um Hilfe gerufen haben, hat viele Menschen und auch mich erschüttert", so der Bundespräsident. "Wie kann es sein, dass neonazistische Propaganda von größeren Schülergruppen offen zur Schau gestellt wird – und das so lange kaum Konsequenzen hat?", fragte Steinmeier. "Mit noch größerer Besorgnis" sehe er den Überfall von Rechtsextremen auf eine Berliner Schulklasse in einem Feriencamp in Brandenburg. "Wieso überfallen gewaltbereite Vermummte friedliche Schüler und Schülerinnen?"

In der Nacht zu Sonntag waren in einem Feriencamp in Heidesee Berliner Schülerinnen und Schüler, die größtenteils einen Migrationshintergrund haben, von anderen Gästen rassistisch beleidigt wurden. Von 28 Menschen stellte die Polizei die Personalien fest, die Schulklasse reiste noch in der Nacht zurück nach Berlin. Wenige Tage zuvor war ein Brief bekannt geworden, in dem Lehrkräfte einer Oberschule in Burg beklagten, sie seien täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert. Zudem erlebten sie eine "Mauer des Schweigens". Lehrkräfte und Schüler, die offen gegen rechtsorientierte Schüler- und Elternhäuser agierten, fürchteten um ihre Sicherheit.

Frank-Walter Steinmeier: "Wir können hier nicht zur Tagesordnung übergehen"

Die Menschenwürde sei "Kern unserer Demokratie", so Steinmeier. "Die Verherrlichung der Nazi-Verbrechen, rassistischer Hass auf andere Menschen, Mobbing und Gewalt – all das kann niemals Normalität sein", sagte der Bundespräsident. "Wir alle müssen gemeinsam dagegen vorgehen. Wir können hier nicht zur Tagesordnung übergehen." Steinmeier hält sich derzeit im brandenburgischen Senftenberg auf, wohin er für drei Tage seinen Amtssitz verlegt hat.

Die Gesellschaft dürfe "nicht zulassen, dass die Jugend unseres Landes, unsere Kinder und Jugendlichen, bedroht werden von Rechtsextremisten", so der Bundespräsident. Deshalb dürfe der Überfall nicht ohne Konsequenzen bleiben. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtsextreme versuchen, die Jugend des Landes in den braunen Sumpf zu ziehen." Die Verherrlichung von Nazi-Ideologie unter Schülern dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Er wolle "jeden ermutigen, der gegen Rechtsextremismus und Hetze vorgeht", sagte Steinmeier. Es gelte aufzuklären und dagegen zu halten. Zivilgesellschaftliche Organisationen, Bündnisse gegen Hass und Gewalt, sollten der Schule Angebote machen, "um unsere Werte zu vermitteln und zu diskutieren". Die Politik in der Kommune, im Land und im Bund sei gefordert, dafür Unterstützung zu geben. "Und die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Bewegungen aufzunehmen, die ihre Hass-Ideologien in die Schulen hineintragen."

Steinmeier sagte, er wolle "die Demokraten und Demokratinnen, die sich Hass, Hetze, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus entgegenstellen, ausdrücklich ermutigen". Sie hätten seinen "großen Respekt und meine volle Unterstützung".

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels war von 28 Festnahmen die Rede. Tatsächlich gab es 28 Identitätsfeststellungen durch die Polizei. Wir haben die Passage korrigiert.