Gesetzesdschungel "Bürokratie-TÜV" soll Milliarden sparen

Gesetze umsetzen kostet Geld. Viel Geld. Bis zu 20 Milliarden Euro könnte die Bundesrepublik sparen, wenn neue Verordnungen vor In-Kraft-Treten einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen würden. Ein solcher "Bürokratie-TÜV" soll nun kommen.

Was der "Bürokratie-TÜV" zur neuen "Fahrrad-Ausrüstungs-Verordnung" sagen würde, laut Bayerns Regierung "ein echter Bürokratietiger", ist nicht bekannt. Was vor allem daran liegt, dass es die Verwaltungsüberwachungsstelle noch nicht gibt - die Bundesregierung sie aber nun einrichten will.

Künftig soll ein so genannter Normenkontrollrat neue Gesetze und Verordnungen auf ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit überprüfen. Bevor sie in Kraft treten. Die Prüfung spart nach Ansicht von Norbert Röttgen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, "mehrere Milliarden Euro Bürokratiekosten". Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde von den Koalitionsfraktionen nun vorgestellt.

Ein Wachhund, der bellt

"Der Rat ist der notwendige Wachhund, der laut bellt, wenn das Bürokratieabbauziel nicht erreicht wird", sagte Röttgen über die neuen Gremien. Der Entwurf, der im Mai zur ersten Lesung im Bundestag aufgerufen werden soll, orientiert sich an ähnlichen Vorhaben aus den Niederlanden und Großbritannien, wo "Normenkontrollräte" Verwaltungsakten ebenfalls eine Kosten-Nutzen-Analyse unterziehen.

Der Rat soll direkt im Kanzleramt angesiedelt werden und aus acht unabhängigen, ehrenamtlich tätigen Personen bestehen. Während Gesetzesvorlagen vor der Verabschiedung im Kabinett abgestimmt werden, soll der Rat als "Bürokratie-TÜV" eine Stellungnahme zu den bürokratischen Auswirkungen abgeben. Röttgen nennt das "Rechtfertigungszwang".

Die Einführung eines "Bürokratie-TÜVs" ist eine langjährige Forderung der Wirtschaft. Allein durch diese Überprüfung und könnten nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung deutsche Unternehmen bis 2007 um 20 Milliarden Euro entlastet werden.

Nach Angaben der mittelständischen Wirtschaft gibt es derzeit allein auf Bundesebene etwa 2200 Gesetze mit 46.800 Einzelvorschriften sowie 3130 Rechtsverordnungen mit 39.200 Einzelvorschriften. Auf Länderebene kommen mindestens noch einmal so viel hinzu. Die Mittelstandsbank hat errechnet, dass 42 Prozent aller Firmengründungen wegen bürokratischer Hemmnisse mehr als sechs Monate später als geplant an den Start gingen. Bei 19 Prozent verzögerte sich die Gründung sogar um mehr als ein Jahr.

Gesetz zum Kündigungsschutz bleibt Gesetz zum Kündigungsschutz

Röttgens SPD-Kollege Olaf Scholz führte als Beispiel ein mögliches neues Gesetz zum Kündigungsschutz an, bei dem der Rat die angeblichen bürokratischen Erfordernisse kritisch hinterfragt, nicht aber das Ziel des Kündigungsschutzes, der an sich keine Bürokratie darstelle, sondern ein Element des Arbeitnehmerschutzes.

Die "Fahrrad-Ausrüstungs-Verordnung", auch "FAusrüstV" genannt, regelt übrigens in sechs Artikeln und 17 Paragrafen, nebst drei Dutzend Erläuterungen, die Verkehrsicherheit von Fahrrädern und "Leichtmofas". Danach hat am Lenker eine helltönende Glocke angebracht zu sein, "andere Einrichtungen für Schallzeichen einschließlich Radlaufglocken" dagegen sind nicht zulässig. Und auch ein nach "hinten wirkendes Standlicht" ist Pflicht - außer bei Fahrrädern, die aus anderen EU-Staaten importiert werden.

AP · Reuters
nk mit DPA/AP/Reuters