Glosse Du linke Blume, Du!

Die Wiedervereinigung ist vollzogen. Joschka Fischer im Ruhestand. 2009 wird der Bundestag neu gewählt. Und was heißt das? Na: Die Grünen brauchen ein neues Logo. Besichtigung einer Kulturrevolution.
Von Lutz Kinkel

Im Landesverband Berlin Pankow sitzen ein paar Nervköppe. Als wären drei Vorschläge für das neue Grünen-Logo nicht genug, peitschten die Pankower auf dem Nürnberger Parteitag noch einen vierten durch. Per Antrag. Abstimmung. Und mit einer Begründung. Das Wort "Die Grünen" sollte in Grün geschrieben werden, um eine Wiese zu symbolisieren. Die beiden Worte "Bündnis 90" bitte in Blau, weil es an den Himmel erinnert. Macht Wiese unter Himmel plus Sonnenblumensonne ohne Atomkraftwerk. Perfekte Idylle. Blöd nur: Was machen jene, die das Logo auf grünes Papier drucken wollen? Ja, Arschlecken! Dann verschwindet der grüne Grünen-Schriftzug nämlich. Dieses Argument machte die Pankower platt. Ihr Logo flog in der Endabstimmung raus. Es gibt doch noch einen Gott.

Was lässt sich nicht alles über ein Logo sagen. Das Alte war alt geworden, weil es Bündnis 90 und Grüne grafisch noch als eigenständige Einheiten behandelt. Unterschiedliche Farben, unterschiedliche Schrifttypen, klare Trennlinien. Inzwischen aber haben sich die Parteimitglieder ideologisch und persönlich so zurechtgefummelt, dass sie die Vereinigung melden können. Also braucht es eine einheitliche Schrifttype und einheitliche Farbe. "Das Design bestimmt das Bewusstsein", dozierte der Delegierte Werner Schulz. Außerdem ist nach Joschka Fischer sowieso alles anders.

Also: Blume links, Blume rechts, Schriftart Futura, Antenna oder Avantgarde?

Vor der Tür, dort wo sich die grünen Raucher treffen, hatten sie noch viel weitergehende Ideen. Man solle die Partei in "90 Grüne" umtaufen, sagte ein grünes Schwergewicht aus Hessen. Das klänge nach einer vernünftigen Kampfstärke. Eine Blondine, die offenbar männliches Frischfleisch unter den Delegierten vermisste, plädierte für "Ab 90: Die Grünen". Hochoffiziell verstiegen sich die Aachener Grünen in einem Antrag sogar dazu, ein weiteres Logo für die Kurzform " Grüne" einzuführen. Ein ostdeutsches Parteimitglied, das in der DDR-Umweltbewegung groß geworden war, redete den Antrag mit bitteren Reminiszenzen an vergangenes Unrecht nieder. Aus. Vorbei.

Gewonnen hat Blume rechts oben, etwas weiter zugezogen als auf dem alten Logo. Schriftart Futura. Schulz meint: "Das hält bestimmt drei bis vier Jahre."

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