Die designierte SPD-Vorsitzende ist nicht zu beneiden. Nach dem 36-stündigen Koalitionsmarathon wird Andrea Nahles zusammen mit Noch-Chef Martin Schulz auf Deutschland-Tournee gehen, um bei der Parteibasis für den Koalitionsvertrag zu trommeln. Es werde nicht leicht, sie gehe aber fest davon aus, dass die Mehrheit der über 460.000 Parteimitglieder beim anstehenden Entscheid "Ja" zu dem dem Vertrag sagen werde, sagte die 47-Jährige in der ZDF-Sendung "Was nun, Frau Nahles". Die Vereinbarung trage eine sozialdemokratische Handschrift. "Und zwar richtig dicke", so die Fraktionsvorsitzende. Nahles rechnet auch sicher damit, dass die große Koalition vier Jahre hält. Das sei für sie eine "Selbstverständlichkeit".
Schulz wurde "in keinster Weise" bedrängt
Schulz hatte zuvor angekündigt, Außenminister werden und den Parteivorsitz niederlegen zu wollen. Er sei in "keinster Weise" dazu gedrängt worden, betonte Nahles. Die Neuaufstellung der Partei sei freundschaftlich und respektvoll besprochen worden. Dass sie Parteichefin werden solle, sei ein "Angebot von ihm" gewesen. Nahles wäre die erste Frau an der Spitze der über 150 Jahre alten Partei.
Die künftige SPD-Chefin wandte sich dagegen, ihrer Partei den Gang in die Regierung als Kehrtwende auszulegen, weil sie am Wahlabend zunächst die Oppositionsrolle gewählt habe. Schließlich habe es wochenlange erfolglose Jamaika-Sondierungen gegeben und der Bundespräsident habe die SPD aufgefordert, neu nachzudenken.
SPD hat nicht alles umsetzen können
Nahles räumte ein, dass die SPD in der Flüchtlingspolitik nicht alles habe umsetzen können. Der Kompromiss in diesem Punkt sei schmerzhaft. Allerdings werde der Familiennachzug dadurch erst wieder möglich. In dieser Legislaturperiode könnten so rund 40.000 Menschen nach Deutschland kommen. Nach Nahles' Angaben gibt es derzeit rund 60.000 Anspruchsberechtigte.