Nach dem tödlichen Fallschirmabsprung des ehemaligen FDP-Spitzenpolitikers Jürgen Möllemann haben die Ermittler keine Anhaltspunkte für eine Fremdmanipulation gefunden. Der Hauptschirm habe sich aus noch nicht geklärter Ursache in einer Höhe von 1.000 Metern gelöst, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Recklinghausen mit. Anschließend habe Möllemann jedoch den Reserveschirm nicht manuell betätigt. An dem Hauptschirm hätten die Gutachter keine technischen Mängel entdeckt. Nach mehreren unabhängigen Zeugenaussagen habe er sich auch zunächst erwartungsgemäß geöffnet.
Ausfall von Sicherheitssystem laut Hersteller unwahrscheinlich
Das technische Versagen des Sicherheitssystems am Fallschirm von Jürgen Möllemann ist nach Einschätzung der Hersteller-Firma "äußerst unwahrscheinlich". Einen solchen Fall habe es bislang noch nie gegeben, zitierte der "Reutlinger General-Anzeiger" (Samstagausgabe) den Hersteller. Angesichts der beengten Verhältnisse im Flugzeug-Inneren sei auch die Möglichkeit, dass das gebräuchliche System mit Namen "Cypres" während des Fluges manipuliert worden sei, "äußerst unwahrscheinlich", betonte der Fallschirmtechniker Kai Koerner von der Firma Airtec GmbH. Das endgültige Untersuchungsergebnis der Sicherheitstechnik am Fallschirm des Politikers wird nach Einschätzung Koerners allerdings erst in einigen Tagen vorliegen.
"Er war sofort tot"
Jürgen Möllemann stand bei seinem tödlichen Fallschirmsprung auch nicht unter Alkohol oder Tabletten, wie die in der Nacht zum Freitag durchgeführte Obduktion des Münsteraner Politikers ergab.
Der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke sagte im AP-Gespräch, nach den Ergebnissen der Obduktion sei Möllemann ungebremst mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 Stundenkilometern auf den Boden aufgeschlagen. Dabei seien sein Schädel zertrümmert und lebenswichtige Organe zerstört worden. "Er war sofort tot", sagte Reinicke. Die Leiche des Politikers sei bereits freigegeben worden.
Flugbetrieb wieder aufgenommen
Am Flughafen Marl-Loemühle wurde am Freitagmorgen der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Nur zu Fallschirmsprüngen werde es voraussichtlich nicht kommen, schon weil das Landefeld noch von der Polizei gesperrt sei, sagte ein Flughafensprecher. Die Polizei suchte vor Ort unter anderem noch nach der Brille des Fallschirmspringers und nach Teilen der Fallschirmausrüstung, wie ein Polizeisprecher in Recklinghausen sagte.

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Die Staatsanwaltschaft berichtete, das gesamte Fallschirmsystem des geübten Springers werde derzeit von Sachverständigen untersucht, inklusive des Automaten, der eigentlich den Reservefallschirm hätte selbstständig auslösen müssen. Doch könne diese Untersuchung Tage oder Wochen dauern. Ein Abschiedsbrief sei bisher nicht aufgetaucht.
Ermittlungen in Möllemann-Affäre gehen weiter
Trotz des Todes des früheren FDP-Politikers setzt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ihre Ermittlungen in der mit dem Namen Möllemann verbundenen Spendenaffäre fort. Zwar seien die Ermittlungen gegen Möllemann wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Parteiengesetz, des Betruges und der Untreue eingestellt worden. Doch werde wegen der gleichen Delikte weiterhin gegen fünf andere Beschuldigte ermittelt. Es gehe um die Einordnung der Tatbeiträge unter den Kategorien Täterschaft, Mittäterschaft, Beihilfe und Anstiftung. Und da werde die Mitwirkung von Möllemann "ganz entschieden aufzuklären sein", sagte Mocken.
Auf der spanischen Insel Gran Canaria wurde am Freitag Mocken zufolge die Durchsuchung des Ferienhauses von Möllemann fortgesetzt. Insgesamt waren am Donnerstag 25 Wohnungen und Geschäftsräume in vier Ländern durchsucht worden. Die Auswertung der dabei sicher gestellten Unterlagen werde sicher Wochen in Anspruch nehmen, sagte Mocken.
"Im Prinzip alles selbst kaputt gemacht"
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum charakterisierte Möllemann im ARD-Morgenmagazin als "unglaublich vitalen Kämpfer", der aber am Ende seiner politischen Möglichkeiten angelangt gewesen sei. Möllemann habe immer mit hohen Einsätzen gespielt, habe immer wieder verloren und sei immer wieder auf die Füße gekommen, sagte der FDP-Politiker. Er sei aber nun in eine Situation geraten, in der er gemerkt habe, dass dies so nicht mehr funktioniere. Möllemanns eigentliches politisches Ziel sei es gewesen, FDP-Vorsitzender oder Kanzlerkandidat zu werden. Doch er habe seine Ziele nicht erreicht und im Prinzip alles selbst kaputt gemacht.
"Keine Anzeichen für Selbstmord"
Die Kieler Anwältin von Jürgen Möllemann will indessen bei ihrem Mandanten keine Hinweise auf Selbstmordabsichten entdeckt haben. Sie habe noch am Donnerstagmorgen mit Möllemann telefoniert, sagte Annette Marberth-Kubicki am Freitag der dpa. "Ich habe keine Anhaltspunkte erkennen können, die auf Suizid hingedeutet hätten." An Spekulationen wolle sie sich nicht beteiligen.
Die Kieler Anwältin hatte Möllemann unter anderem seit vergangenem Herbst in den Strafverfahren verteidigt, die die Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Münster wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, des Betrugs und des Verstoßes gegen das Parteiengesetz führten. Nach ihrem Eindruck schien es Möllemann zuletzt schon wieder etwas besser gegangen zu sein, sagte Marberth-Kubicki, Ehefrau des engen Möllemann-Freundes und Kieler FDP-Landtagsfraktionschefs Wolfgang Kubicki. Sie habe Möllemann noch vor wenigen Tagen bei einer Besprechung getroffen. "Dabei trat er als jemand auf, der eine Perspektive hat."