Am ersten Tag der Lockerung der coronabedingten Beschränkungen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bürger vor Leichtsinn gewarnt und weiter zu größter Vorsicht aufgerufen. "Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen, (...) sondern wir müssen wachsam und diszipliniert bleiben", sagte die Kanzlerin am Montag in Berlin nach einer Sitzung des Corona-Krisenkabinetts.
Merkel warnte davor, dass andernfalls die Infektionszahlen wieder stark steigen könnten. "Es wäre jammerschade, wenn wir sehenden Auges in einen Rückfall gehen." Mit harten Maßnahmen sei viel erreicht worden, und die Reproduktionszahl der Infektionsketten sei unter 1 gedrückt worden. An etlichen Tagen gebe es also mehr Genesene als neu Infizierte. Merkel betonte, "dass wir am Anfang stehen und noch lange nicht über den Berg sind".
Merkel warnt vor zu schnellen Schritten
An die Regierungschefs der Länder appellierte sie, die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht zu früh und zu weitgehend zu lockern. Sie wolle, dass der gemeinsam beschlossene Spielraum "möglichst eng ausgenutzt wird, nicht möglichst weit". Die Kanzlerin warnte: "Es kann auch ein Fehler sein, dass man zu schnell voranschreitet."
Merkel versicherte, sie wisse um die Not vieler Bürger, einsamer Menschen, Alleinerziehender, Hoteliers, Ladenbesitzer und Künstler. Sie kenne die Erwartungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften und sehe das dringende Bedürfnis, das Versammlungs- und Demonstrationsrecht wieder wahrnehmen zu können. "Diese Pandemie verlangt uns allen in diesem Lande, jedem Einzelnen, aber auch der Gemeinschaft, ziemlich viel ab."
Maßnahmen zur Verfolgung von Infektionsketten
Zuvor hatten die Minister des Corona-Krisenkabinetts zahlreiche Maßnahmen beschlossen, um Ansteckungsketten besser nachverfolgen zu können. Die Beschlüsse im einzelnen:
- Der öffentlichen Gesundheitsdienst soll gestärkt werden, wie bereits beschlossen: Pro 20.000 Einwohner soll mindestens ein Kontaktnachverfolgungsteam aus fünf Personen im Einsatz sein.
- 105 mobile Teams sollen – finanziert vom Bundesgesundheitsministerium – geschaffen werden, zur Unterstützung bei Engpässen in Kommunen vor Ort.
- Meldepflicht ab dem 22. April: Gesundheitsämter, die die Nachverfolgung so nicht leisten können, müssen das den Landesaufsichtsbehörden anzeigen, um Abhilfe schaffen zu können.
- Das Robert-Koch-Institut (RKI) soll eine Kontaktstelle mit 40 Mitarbeitern aufbauen, die jeweils für 10 Gesundheitsämter Ansprechpartner sind.
Bereits nach einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums am Morgen waren Äußerungen von Merkel an die Öffentlichkeit gedrungen, in denen sie die Diskussionen über weitergehende Lockerungen der Beschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus außergewöhnlich scharf kritisiert hatte. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen sprach Merkel davon, dass die Botschaft vorsichtiger Lockerungen in einigen Ländern zu "Öffnungsdiskussionsorgien" geführt habe. Dies erhöhe das Risiko eines Rückfalls sehr stark.