Kommentar Steinmeiers Pflichtübung

  • von Hans Peter Schütz
Die Außenpolitiker der Union sehen die Seriosität der gesamten deutschen Außenpolitik in Gefahr, weil Außenminister Frank-Walter Steinmeier den syrischen Amtskollegen empfangen hat. Das sei doch wohl ein außenpolitischer Alleingang am Kanzleramt vorbei. Doch die Kritik ist ein schlimmer Fehltritt.

Das sind schon schräge Töne. Zunächst einmal möchte man die Unionspolitiker daran erinnern, dass sie kein Problem haben, mit dem syrischen Regime, das in der Tat weit entfernt davon ist, ein demokratisches zu sein, zu fraternisieren, wenn es darum geht, im Kampf gegen den Terrorismus Informationen zu gewinnen. In diesem Fall stört es sie nicht einen Deut, dass in Syrien Verdächtige gefoltert werden, bis sie gestehen, was sie vielleicht gar nicht gestehen wollen.

Im übrigen ist es schlicht die Amtspflicht Steinmeiers, sich mit Syrien über die Situation in Nahost zu unterhalten. Täte er dies nicht, müsste man ihm Verletzung seiner Dienstpflichten vorhalten. Denn wer mit den Parteien auf diesem Konfliktfeld nicht redet, der sperrt sich selbst aus der Diskussion aus. Der hat auch keine Chance, Syrien daran zu erinnern, dass die von Damaskus gegen den Libanon betriebene Politik inakzeptabel ist. Auf dem Feld der Außenpolitik kann man sich die Gesprächspartner nicht danach aussuchen, ob sie unseren politischen, moralischen und menschenrechtlichen Maßstäben genügen.

Union will Koalitionspartner madig machen

Das tut auch die Bundeskanzlerin nicht, wie im Zusammenhang mit ihrem jüngsten Besuch in China zu besichtigen war. Sie fand dort erfreulich klare Worte für die Verstöße gegen die Menschenrechte. Weshalb will man diese Klarheit eigentlich Steinmeier absprechen? Doch nur dann, wenn mal wieder ein koalitionspolitisches Problem konstruiert werden soll, um den Koalitionspartner madig zu machen. Was wohl die Unions-Außenpolitiker gesagt hätten, wenn Steinmeier den Empfang des Dalai Lamas durch Angela Merkel als Ausverkauf der gemeinsamen Außenpolitik angeprangert hätte?

Im Hintergrund geht es vermutlich überhaupt nicht um die deutsche Außenpolitik. Die Motive sind innenpolitisch: Weil Steinmeier neuerdings als SPD-Vize amtiert und vielleicht sogar Kanzlerkandidat der SPD für 2009 werden könnte, wird der bei jeder unpassenden Gelegenheit attackiert. Da will man ihn rechtzeitig deckeln. Ob die Kanzlerin das billigt, steht dahin. Aber falls Merkel die Politik Steinmeiers tatsächlich ganz und gar unerträglich findet, könnte sie jederzeit von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. Wäre ja mal was Neues!